Mythen über den Beginn der Welt

Rig Veda - Edda


Edda

Vom Anfang der Welt 

"Es gab eine Zeit, da alles nicht war. Da war nicht Sand noch See, nicht das Meer und die Erde, nicht der Himmel mit seinen Sternen. Im Anfang war nur Ginnungagap, das gähnende, lautlose Nichts. Da schuf Allvaters Geist das Sein, und es entstand im Süden Muspelheim, das Land der Glut und des Feuers, und im Norden Niflheim, das Land der Nebel, der Kälte und Finsternis. Aus dem Norden, in Niflheim, entsprang ein tosender Quell, aus dem zwölf Ströme hervorbrachen. Die stürzten in den Abgrund, der Norden und Süden trennte, und erstarrten zu Eis.

Aus Muspelheim flogen Funken auf das Eis, die Starre begann zu schmelzen, und der Riese Ymir taute daraus hervor und danach Audhumbla, eine riesige Kuh, von deren Milch Ymir sich nährte.


Eines Tages sank Ymir, nachdem er sich satt getrunken hatte, in tiefen Schlaf, und aus seinen Achselhöhlen wuchsen zwei Riesenwesen, Mann und Weib. Diesen beiden entstammt das Geschlecht der Frost- und Reifriesen.

Audhumbla, die nirgends Gras fand, leckte an den salzigen Eisblöcken, und ihre Zunge löste am dritten Tage einen Mann aus dem Eise, der war stark und schön und nannte sich Buri. Er erschuf aus eigener Kraft einen Sohn, der hieß Börs und nahm Bestla, die Tochter des Riesen Bölthorn, zum Weibe.

Börs zeugte mit Bestla drei Söhne: Odin, Wili und We. Mit ihnen kam das Göttergeschlecht der Asen (Asier) in die Welt.

Odin, Wili und We zogen aus, um die Herrschaft über die Schöpfung zu gewinnen. Sie erschlugen den alten Riesen Ymir. Die Blutströme aus Ymirs Wunden überfluteten die Welt, und alle Frostriesen ertranken. Nur ein einziger, Bergelmir, rettete sich mit seinem Weibe in einem Boot. Diese beiden wurden die Ahnen der späteren Riesengeschlechter.

Den toten Leib Ymirs warfen die Brüder Odin, Wili und We in den Abgrund zwischen Muspelheim und Niflheim und schufen aus ihm die Erde. 
Aus Ymirs Blut entstanden die Wasser der Ströme und Meere, aus seinem Fleisch die Erde, aus Knochen und Zähnen Berge und Felsen, aus seinem Schädel wurde die Wölbung des Himmels geschaffen. 

Als die Asen das Hirn des Riesen in den Himmel schleuderten, blieb es als Wolken in den Lüften hängen. 

Die Haare wurden zu Bäumen, die Augenbrauen bildeten einen Wall, der Midgard, das Land der Menschen, gegen das Meer und die Riesen schützen sollte.

Aus Funken, die von Muspelheims Feuer herüberstoben, schufen die Götter die Sterne, denen sie Namen gaben, und jedem wiesen sie seine Bahn.

Die Erde ward trocken und war vom Meere umgeben, und die Erde begann zu grünen.

Als Odin und seine Brüder einst am Ufer des Meeres wanderten, sahen sie am Strande zwei Bäume, die Esche (nordisch: Ask) und die Ulme. Die gefielen ihnen sehr.

Odin
formte aus dem einen Baum, der Esche, den ersten Menschen, einen Mann. Aus der Ulme aber wurde ein Weib geschaffen. 

Odin
hauchte ihnen Leben und Geist ein, Wili gab ihnen Verstand und Gefühl, und We schenkte ihnen die Sinne des Gesichts und Gehörs, dazu die Sprache.

Neun Reiche erschufen die Götter in der Welt, drei unterirdische, drei irdische und drei himmlische.
Tief im Innern der Erde liegt Niflheim, das Land des Eises und der Toten. Niflhel ist der tiefste Abgrund, in dem die Verbrecher und Meineidigen ihre Strafe erleiden.

Schwarzalfenheim
heißt das Land der Nachtzwerge, die verwachsen und häßlich sind, so daß von ihnen gesagt wird, es sei besser, sie nicht zu beschreiben. Sie sind vieler Künste kundig, schmieden köstliche Kleinodien und scharfe Schwerter und Waffen. Sie schrecken und quälen bei Nacht die Menschen, sind aber auch dankbar, wenn jemand ihnen in der Not geholfen hat.

Auf der Erde liegen Midgard, das von den Menschen bewohnt wird, und Riesenland, in dem die Frost- und Reifriesen hausen, dann Wanenheim, das Reich der Erd- und Wassergötter, die sich das Geschlecht der Wanen nennen.

Im Himmel ist Muspelheim, das Feuerland, gelegen, und Lichtalfenheim, wo die Lichtzwerge leben, schön von Gestalt und immer fröhlich. Sie sind Freunde der Menschen. Vor allem aber ist Asgard zu nennen, das heilige Land der Asen. Dort wohnen die Götter in zwölf Schlössern, die sie sich erbaut haben. 
Eine gewaltige Brücke, Bifröst, der Regenbogen, verbindet Erde und Himmel. 

Nur
die Götter können die Brücke überschreiten, die von dem klugen Heimdall bewacht wird. Er trägt ein Horn, Giallar genannt, mit dem er am Tage der Götterdämmerung die Asen zum Kampf rufen wird.

Aus Leib und Blut des gewaltigen Riesen Ymir haben Odin und seine Brüder die Welt erschaffen.

Midgard
heißt die Erde, wo die Menschen wohnen. Niflheim ist das Reich der Toten. Genau in der Mitte der Welt, in Asgard, bauten sich die Götter, die Asen, ihre eigenen Wohnungen.

Dort thront Odin, der höchste Gott, den die Menschen auch Wodan nennen, in Walhalla, der größten und prächtigsten Halle, und waltet über der Welt und über den Menschen. 

Auf seinen Schultern sitzen zwei Raben, Hugin, der Gedanke, und Munin, das Gedächtnis, die auf sein Geheiß täglich ausfliegen, und raunen ihm ins Ohr, was sie gesehen und gehört haben.

In heiligen Nächten sprengt Odin auf weißem Rosse mit seinem Gefolge in wilder Jagd über die sturmgepeitschten Baumwipfel durch die Lüfte dahin. 

Oft steigt er auch in menschlicher Gestalt, einen blauen sternbesäten Mantel um die Schultern und einen breitkrempigen Hut auf dem Haupt, zur Erde hinab, um den Sterblichen sein Mitgefühl zu zeigen, ihnen zu helfen und ihre Gastfreundschaft zu erproben.

Im Getümmel des Kampfes trägt der Waffengewaltige eine strahlende Rüstung und Gungnir, seinen mächtigen Speer. 
 

     
 
Er nimmt am Kampfe nicht selbst teil, sondern reitet auf seinem achtfüßigen Roß Sleipnir über die Walstatt und zeichnet mit dem Speer die Männer, denen er den Tod bestimmt hat. 

Die Walküren, Schlachtenjungfrauen von herrlicher Schönheit, begleiten ihn und tragen die Gefallenen auf ihren feurigen Rossen nach Walhalla empor.
 
Odins Sohn Thor, der auch Donar heißt, ist der kraftvolle Donnergott. Er hilft Göttern und Menschen und gewährt besonders den Schwachen seinen Beistand; er hat Gewalt über Wind und Wogen, über Blitz und Donner.

Im rollenden Wagen, der von Böcken gezogen wird, fährt er auf den Wolken dahin, in der Rechten Mjölnir, den Hammer, der nach dem Wurfe in seine Hand zurückkehrt. Wie alle Götter wird auch er von den Menschen nicht in Tempeln verehrt, sondern in Hainen, von den Bäumen ist ihm die sturmfeste Eiche heilig.

In der Reihe der Göttinnen ist Odins Gemahlin Frigga, die mit Walvater den Thron in Asgard teilt, die Königin der Götter und Menschen; sie wird verehrt als gütige Frau, die für die Menschen sorgt, als Beschützerin der Ehe und der häuslichen Arbeit" sie gilt als Spenderin des Kindersegens.

Der Wagen, auf dem sie durch die Lande fährt, wird von Katzen gezogen, diese und andere häusliche Tiere, auch Schwalbe und Storch, sind ihr geheiligt, und der wahrsagende Kuckuck.

Segenspendend und Licht schenkend schreitet Baldur, der Gott der Frühlingssonne, der für das Gute und Gerechte kämpft, über die Erde. Sein Bruder ist der blinde Hödur, der Gott des Winters, der Finsternis und Kälte. Niemand liebt ihn, und überall, wo er herrschen darf, erstickt das Leben.

Odins Bruder Loki, der Gott des Feuers, das die Leichen verzehrt, zeigt wankelmütigen, oft tückischen Sinn und hält es bald mit den Asen, bald mit den Riesen, die im rauhen Nordland hausen und den Frieden in der Welt zu stören trachten; der Fenriswolf und die Midgardschlange sind Lokis furchtbare Kinder.

Ein alter Wahrspruch kündete den Asen, daß der Wolf Fenris ihren Untergang herbeiführen werde. Da fesselten die Götter ihn mit List, banden das Untier an einen Felsen im Meer und sperrten ihm den Rachen mit einem Schwert. Schauerlich heulte der Wolf in Schmerz und Wut.

Am Tage der Götterdämmerung aber wird er sich befreien und gegen die Asen kämpfen, ebenso wie die Midgardschlange, die auf dem Grunde des Meeres ruht und die ganze Erde mit ihrem Leib umschlingt.

In der Mitte von Asgard steht Yggdrasil, die immergrünende Weltesche, die mit ihrer Krone hoch über das Himmelsgewölbe hinausragt und ihre Äste über die ganze Welt hin breitet und mit ihren Wurzeln die Hel, das Reich der Gewesenen, deckt. 

Am Urdbrunnen, an dem die Esche steht, wohnen die Nornen, sie heißen Urd, Werdandi und Skuld und wissen um das Schicksal aller Götter und Menschen. Denn niemand sonst kennt ganz das zukünftige Geschick, selbst Odins Wissen ist Stückwerk.

Nicht immer wird Yggdrasil grünen, denn Nidhogg, der Drache, nagt an ihren Wurzeln, und einst wird der Tag kommen, da die Weltesche welken muß. Dann bricht Ragnarök, der Tag der Götterdämmerung, über Asgard herein; der Fenriswolf reißt sich von seinen Fesseln los, die Midgardschlange erhebt sich aus dem Meer, und die Riesen kommen, Götter und Helden sammeln sich zum letzten Kampf. Dann werden Asgard und Midgard vergehen, und alles Leben erlischt. 


Hymns from the Rig Veda

Creation Hymn

"Nicht Etwas war, nicht Nichts, das Firmament war nicht, nicht wölbte sich des Himmels Dach. Was deckte Alles? schirmte? was verbarg? War es des Wassers bodenloser Schlund? Da war kein Tod, - doch war unsterblich nichts und keine Grenze zwischen Tag und Nacht; Das Eine atmet' atemlos in sich, ein Andres war bisher noch nicht im Sein. Und finster war's, und alles erst gehüllt in tiefes Düster - in ein finst'res Meer. Der Keim, von seiner Hülse noch bedeckt, brach durch, in brünst'ger Hitze, als Natur.... "
 
"The non-existent was not; the existent was not at that time. The atmosphere was not nor the heavens which are beyond. What was concealed? Where? In whose protection? Was it water? An unfathomable abyss?

There was neither death nor immortality then. There was not distinction of day or night. That alone breathed windless by its own power. Other than that there was not anything else.

Darkness was hidden by darkness in the beginning. All this was an indistinguishable sea. That which becomes, that which was enveloped by the void, that alone was born through the power of heat.

Upon that desire arose in the beginning. This was the first discharge of thought. Sages discovered this link of the existent to the nonexistent, having searched in the heart with wisdom.

Their line [of vision] was extended across; what was below, what was above? There were impregnators, there were powers: inherent power below, impulses above.

Who knows truly? Who here will declare whence it arose, whence this creation? The gods are subsequent to the creation of this. Who, then, knows whence it has come into being?

Whence this creation has come into being; whether it was made or not; he in the highest heaven is its surveyor. Surely he knows, or perhaps he knows not.

To Agni (Fire)

I call upon Agni, the one placed in front, the divine priest of the sacrifice, the invoker, the best bestower of gifts.
Agni is worthy of being called upon by seers past and present: may he bring the gods here!

Through Agni may one obtain wealth and prosperity day by day, splendid and abounding in heroic sons.

O Agni, the sacrifice and work of the sacrifice, which you encompass on all sides--that alone goes to the gods.

May Agni, the invoker who has the powers of a sage, true and most brilliant in glory, come here, a god with the gods!

Whatsoever favor you wish to do for a worshipper, Agni, that favor of yours surely comes true, O Angiras [member of a priestly family].

O Agni, you who gleam in the darkness, to you we come day by day, with devotion and bearing homage;

to you, ruler of the sacrifices, keeper of the Rta [cosmic law], brightly shining, growing in your abode.
 So, be of easy access to us, Agni, as a father to his son. Abide with us for our well-being.


To Indra

The one who is first and possessed of wisdom when born; the god who strove to protect the gods with strength; the one before whose force the two worlds were afraid because of the greatness of his virility: he, O people, is Indra.
The one who made firm the quaking earth; the one who made fast the shaken mountains; the one who measured out wide the atmosphere; the one who propped up heaven: he, O people, is Indra.

The one who, having killed the serpent, released the seven rivers; the one who drove out the cows by undoing Vala, (1) the one who generates fire between two rocks, victor in battles: he, O people, is Indra.

The one by whom all things here were made moving; the one who put in hiding the lowly Dasa color; the one who, like a gambler who has won the stake, has taken the enemy's possessions: he, O people, is Indra.

The one who is the terrible one, about whom they ask "Where is he?" and they say of him, "He is not!" He diminished the enemy's possessions like stakes [at a game]. Put your faith in him: he, O people, is Indra.

The one who is the impeller of the weary, of the weak, of the Brahman seeking aid, the singer; the one with goodly mustaches who is the helper of him who works the stones, who has pressed the Soma (2): he, O people, is Indra.

The one in whose control are horses, cows, villages, all chariots; the one who has caused to be born the sun, the dawn; the one who is the waters' leader: he, O people, is Indra.

The one whom the two lines of battle, coming together, call upon separately, the nearer and the farther, both foes; even the two who have mounted the same chariot call upon him individually: he, O people, is Indra.

The one without whom people do not conquer; the one to whom, when fighting, they call for help; the one who is a match for everyone; the one who shakes the unshakable: he, O people, is Indra.

Purusa, the Cosmic Person

Thousand-headed is Purusa, thousand-eyed, thousand-footed. Having covered the earth on all sides, he stood above it the width of ten fingers.
Only Purusa is all this, that which has been and that which is to be. He is the lord of the immortals, who grow by means of [ritual] food.

Such is his greatness, yet more than this is Purusa. One-quarter of him is all beings; three- quarters of him is the immortal in heaven.

Three-quarters of Purusa went upward, one-quarter of him remained here. From this [one-quarter] he spread in all directions into what eats and what does not eat.

From him the shining one was born, from the shining one was born Purusa. When born he extended beyond the earth, behind as well as in front.

When the gods performed a sacrifice with the offering Purusa, spring was its clarified butter, summer the kindling, autumn the oblation.

It was Purusa, born in the beginning, which they sprinkled on the sacred grass as a sacrifice. With him the gods sacrificed, the demi-gods, and the seers.

From that sacrifice completely offered, the clotted butter was brought together. It made the beasts of the air, the forest and the village.

From that sacrifice completely offered, the mantras [Rig Veda] and the songs [Samaveda] were born. The meters were born from it. The sacrificial formulae [Yajurveda] were born from it.

From it the horses were born and all that have cutting teeth in both jaws. The cows were born from it, also. From it were born goats and sheep.

When they divided Purusa, how many ways did they apportion him? What was his mouth? What were his arms? What were his thighs, his feet declared to be?

His mouth was the Brahman [caste], his arms were the Rajanaya [Ksatriya caste], his thighs the Vaisya [caste]; from his feet the Sudra [caste] was born.

The moon was born from his mind; from his eye the sun was born; from his mouth both Indra and Agni [fire]; from his breath Vayu [wind] was born.

From his navel arose the air; from his head the heaven evolved; from his feet the earth; the [four] directions from his ear. Thus, they fashioned the worlds.

Seven were his altar sticks, three times seven were the kindling bundles, when the gods, performing the sacrifice, bound the beast Purusa.

The gods sacrificed with the sacrifice to the sacrifice. These were the first rites. These powers reached the firmament, where the ancient demi-gods and the gods are.

 

volker doormann    -  2003.10.04