Der Jäger tat zum Reden
den Mund auf
und sprach zu seinem Vater:
»Mein Vater, ein Mann,
der vom Steppenland gekommen -
Der Stärkste im Land
ist er, Kraft hat er,
Gleich der Feste des Anu
gewaltig ist seine Stärke -
Er streift im Steppenland
beständig umher,
Beständig frißt
mit dem Wild er das Gras,
Beständig weilt sein
Fuß gegenüber der Tränke;
Ich vermochte ihm nicht
zu nahen vor Furcht.
Die ich auswarf, die Gruben,
er füllte sie an!
Die Flügelnetze, die
ich spannte, riß er heraus,
Ließ entrinnen meinen
Händen das Wild, der Steppe Getier!
Nicht gibt er zu mein Tun
in der Steppe!«
Sein Vater tat zum Reden
den Mund auf
und sprach zum Jäger:
»Wisse, mein Sohn,
in Uruk wohnt
Gilgamesch,
Niemand gibt es, der ihn
übermochte,
Gleich der Feste des Anu
gewaltig ist seine Stärke.
Auf ihn, den König,
richte dein Antlitz,
Ihm bring die Kunde vom
Gewalt-Menschen!
Eine Hure leih' er dir!
Führ sie zur Steppe!
Mag das Weib dort bewält'gen
den Mann wie ein Starker!
Wann denn das Wild herankommt
zur Tränke,
Dann werfe sie ab ihr Kleid,
er schwelge in ihrer Lust!
Sieht er sie erst, so wird
er ihr nahn:
Doch sein Wild wird ihm
untreu, das aufwuchs mit ihm in der Steppe.«
Kaum daß Aruru dieses
hörte,
Schuf sie sich im Herzen,
was Anu befahl;
Aruru wusch sich
die Hände,
Kniff sich Lehm
ab,
warf ihn draußen hin.
Enkidu, den gewaltigen,
schuf sie, einen Helden,
Einen Sprößling
der Nachtstille, mit Kraft beschenkt von Ninurta
Mit Haaren bepelzt am
ganzen Leibe;
Mit Haupthaar versehen
wie ein Weib:
Das wallende Haupthaar,
ihm wächst's wie der Nisaba!
Auch kennt er nicht Land
noch Leute:
Bekleidet ist er wie
Sumukan!
So verzehrt er auch mit
den Gazellen das Gras,
Drängt er hin mit
dem Wilde zur Tränke,
Ward wohl seinem Herzen
am Wasser mit dem Getier.
Auf ihn nun stieß gegenüber
der Tränke
Ein Jäger, ein gewalttät'ger
Mensch:
Einen ersten Tag, einen
zweiten und dritten
Stieß er auf ihn gegenüber
der Tränke.
Da ihn sah der Jäger,
ward reglos sein Antlitz;
Er trat mit seinen Tieren
in sein Haus,
Geriet in Erregung, wurde
starr und stumm,
Verstört war sein Herz,
sein Antlitz umwölkt;
In seinem Gemüt hielt
Einzug der Harm,
Einem Wandrer ferner Wege
war gleich sein Antlitz.
Der Jäger tat zum Reden
den Mund auf
und sprach zu seinem Vater:
»Mein Vater, ein Mann,
der vom Steppenland gekommen -
Der Stärkste im Land
ist er, Kraft hat er,
Gleich der Feste des Anu
gewaltig ist seine Stärke -
Er streift im Steppenland
beständig umher,
Beständig frißt
mit dem Wild er das Gras,
Beständig weilt sein
Fuß gegenüber der Tränke;
Ich vermochte ihm nicht
zu nahen vor Furcht.
Die ich auswarf, die Gruben,
er füllte sie an!
Die Flügelnetze, die
ich spannte, riß er heraus,
Ließ entrinnen meinen
Händen das Wild, der Steppe Getier!
Nicht gibt er zu mein Tun
in der Steppe!«
Sein Vater tat zum Reden
den Mund auf
und sprach zum Jäger:
»Wisse, mein Sohn,
in Uruk wohnt
Gilgamesch,
Niemand gibt es, der ihn
übermochte,
Gleich der Feste des Anu
gewaltig ist seine Stärke.
Auf ihn, den König,
richte dein Antlitz,
Ihm bring die Kunde vom
Gewalt-Menschen!
Eine Hure leih' er dir!
Führ sie zur Steppe!
Mag das Weib dort bewält'gen
den Mann wie ein Starker!
Wann denn das Wild herankommt
zur Tränke,
Dann werfe sie ab ihr Kleid,
er schwelge in ihrer Lust!
Sieht er sie erst, so wird
er ihr nahn:
Auf den Rat seines Vaters
brach er auf,
Ging der Jäger fürbaß
zu Gilgamesch,
Nahm den Weg, stand still
inmitten von Uruk:
»Höre mich, Gilgamesch,
rate mir auch!
Ein Mann, der vom Steppenland
gekommen -
Der Stärkste im Land
ist er, Kraft hat er,
Gleich der Feste des Anu
gewaltig ist seine Stärke -
Er streift im Steppenland
beständig umher,
Beständig frißt
mit dem Wild er das Gras,
Beständig weilt sein
Fuß gegenüber der Tränke
Ich vermochte ihm nicht
zu nahen vor Furcht.
Die ich auswarf, die Gruben,
er füllte sie an!
Die Flügelnetze, die
ich spannte, riß er heraus,
Ließ entrinnen meinen
Händen das Wild, der Steppe Getier!
Nicht gibt er zu mein Tun
in der Steppe!«
Gilgamesch sprach zu ihm,
zum Jäger:
»Geh, führ, o
Jäger, mit dir
Die Priesterin nun, die
Hure!
Wann denn das Wild herankommt
zur Tränke,
Dann werfe sie ab ihr Kleid,
sie enthüll' ihre Wollust!
Sieht er sie erst, so wird
er ihr nahn:
Doch sein Wild wird ihm
untreu, das aufwuchs mit ihm in der Steppe.«
Es ging der Jäger, führend
Die Priesterin mit sich,
die Hure
Sie nahmen den Weg, wählten
die rechte Straße.
Am dritten Tag langten sie
an am Ort der Bestimmung.
In ihr Versteck setzten
der Jäger sich und die Hure.
Den ersten Tag, den zweiten
Tag setzten sie sich gegenüber der Tränke.
Es kam das Wild und trank
an der Tränke,
Es kam das Getier, fand
sein Wohlsein am Wasser.
Aber Enkidu, der
dem Steppenland entsprossen ist,
Er verzehrt auch mit den
Gazellen das Gras,
Trinkt mit dem Wild an der
Tränke,
Ward wohl seinem Herzen
am Wasser mit dem Getier.
Ihn sah die Hure, den Wildmenschen,
Den würgerischen Menschen
aus dem Innern der Steppe.
»Dies ist er, Hure!
mach frei deine Brust,
Deinen Schoß tu auf,
daß deine Fülle er nehme!
Scheue dich nicht, nimm
hin seinen Atemstoß!
Sieht er dich erst, so wird
er dir nahn.
Dein Gewand entbreite, daß
auf dir er sich bette,
Schaff ihm, dem Wildmenschen,
das Werk des Weibes:
Dann wird sein Wild ihm
untreu, das aufwuchs mit ihm in der Steppe
Sein Liebesspiel wird er
über dir raunen!«
Ihren Busen machte die Hure
frei,
Tat auf ihren Schoß,
er nahm ihre Fülle,
Sie scheute sich nicht,
nahm hin seinen Atemstoß,
Entbreitet' ihr Gewand,
daß auf ihr er sich bettete,
Schaffte ihm, dem Wildmenschen,
das Werk des Weibes -
Sein Liebesspiel raunte
er über ihr.
Sechs Tage und sieben Nächte
war Enkidu auf,
Daß er die Hure beschlief.
Als er von ihrem Genusse
satt war,
Richtet' er sein Antlitz
hin auf sein Wild:
Da sie ihn, Enkidu, sahen,
Sprangen auf und davon die
Gazellen,
Wich von seinem Leibe das
Wild der Steppe.
Anspringen ließ Enkidu
seinen gereinigten Leib,
Doch ihm versagten die Knie,
da hinwegging sein Wild.
Gehemmt wurde Enkidu, seines
Laufens ist nicht wie zuvor.
Er aber wuchs, ward weiten
Sinnes,
Kehrte um und setzte sich
zu Füßen der Hure,
Ihr ins Antlitz schauend,
der Hure
Der Priesterin, wie sie
redet, hören zu seine Ohren.
Die Hure sprach zu ihm, zu
Enkidu:
»Weise bist du, Enkidu,
bist wie ein Gott!
Warum läufst du in
die Steppe mit dem Getier?
Komm, ich führ dich
hinein nach Uruk-Gart,
Zum strahlenden Tempel,
dem Wohnsitz von
Anu und Ischtar!
Wo Gilgamesch ist, vollkommen
an Stärke,
Und wie ein Wildstier seine
überragende Kraft erprobt an den Mannen!«
Da zu ihm sie gesprochen,
fand Beifall ihre Rede:
Der Kluggesinnte sucht einen
Freund.
Enkidu sprach zu ihr, zur
Hure:
»Komm, Hure, lade
du mich ein!
Zum strahlenden Tempel,
dem Wohnsitz von Anu und Ischtar,
Wo Gilgamesch ist, vollkommen
an Stärke,
Und wie ein Wildstier seine
überragende Kraft erprobt an den Mannen!
Ich, ja ich will ihm die
Fehde ansagen, heftig tobe der Kampf!
Rühmen will ich mich
in Uruk: "Der Starke bin ich!"
Zieh ich ein, so ändre
ich die Geschicke!
Der geboren in der Steppe
- er hat ja Kräfte!« -
»Komm, laß uns
gehn, mag er sehen dein Antlitz
Ich zeig Gilgamesch dir!
Wo er ist, weiß ich wohl:
Schau hin inmitten von Uruk-Gart,
Enkidu,
Zu den Männern, herrlich
mit Gürteln angetan!
Täglich wird dort ein
Fest gefeiert
Wo erdröhnen man läßt
die Trommeln,
Und Huren da sind, geschaffen,
wie's ihnen ansteht,
Überreich an Fülle,
sind sie voll Jauchzens.
Aufs Nachtlager sind gebreitet
die großen Decken.
Enkidu, dir, der du das
Leben nicht kennst,
Will ich Gilgamesch zeigen,
den so ungleich Gestimmten !
Sieh ihn, schau auf sein
Angesicht:
An Männlichkeit schön
ist er, Würde hat er,
An Fülle überreich
an seinem ganzen Leibe
Stärke, gewalt'gere,
hat er denn du,
Ohne Ruhe bei Tag und bei
Nacht.
Enkidu, gib deine Unart auf!
Gilgamesch - Schamasch (Sonne) hat Lieb' ihm erzeigt,
Anu, Enlil und Ea den Sinn
ihm geweitet:
Ehe aus der Steppe du gekommen,
Sah Gilgamesch Träume
von dir in Uruk:
Auf stand Gilgamesch, erzählt'
den Traum,
Und sprach zu seiner Mutter:
"O Mutter, im Traum meiner
letzten Nacht
Ging ich kraftgeschwellt
fürbaß unter den Mannen
Da sammelten sich um mich
die Sterne des Himmels -
Die Waffe des Anu stürzte auf mich herab
Heben wollt' ich's, da war
sie mir zu schwer,
Bewegen wollt' ich's und
konnt's nicht bewegen!
Uruk-Land sammelte sich
herzu,
Die Mannen küßten
die Füße ihm
Da lehnt' ich mich dagegen,
sie standen mir bei,
Ich hob sie auf und trug's
hin zu dir."
Gilgameschs Mutter, der alles
kund ist, sprach zu Gilgamesch:
"Vielleicht, Gilgamesch,
wurde einer wie du
In der Steppe geboren,
Heranwachsen ließ
ihn das Steppenland -
Siehst du ihn, so wirst
du Freude haben
Die Mannen küssen die
Füße ihm!
Du wirst ihn umarmen, ihn
zu mir führen!
Der starke Enkidu ist's,
Ein Gesell, der dem Freund
aus der Not hilft!
Der Stärkste im Land
ist er, Kraft hat er,
Gleich der Feste des Anu
gewaltig ist seine Stärke!
Wie über einem Weib
hast du über ihm geraunt,
... er aber wird dich immer
wieder erretten."
Er legte sich schlafen und
sah einen anderen Traum
Stand dann auf, sprach zu
seiner Mutter:
"O Mutter, ich sah einen
anderen Traum
Ich schaute ein ... auf
der Straße von Uruk-Markt.
Eine Axt lag plötzlich
da
Versammelt war man über
ihr.
Diese Axt sah unheimlich
aus!
Da nun ich sie erblickte,
wurde ich froh,
Gewann sie lieb wie über
einem Weib
raune ich über ihr.
Ich nahm sie und legte an
meine Seite sie an."
Die Mutter Gilgameschs, die
weise, alles Wissens kundig,
Sprach zu ihrem Sohn,
Rimat-Ninßun, die
weise, alles Wissens kundig,
Sprach zu Gilgamesch:
"Die Axt, die du sahst,
ist ein Mann!
Du gewannst ihn lieb, wie
über einem Weib wirst du über ihm raunen,
Und ich werde ihn mit dir
gleichstellen.
Er wird zu dir kommen,
Der Gesell, der dem Freund
aus der Not hilft!
Im Lande ist er stark, übt
Gewalt,
Gleich der Feste des Anu
gewaltig ist seine Stärke!"
Nochmals sprach Gilgamesch
zu seiner Mutter:
"Auf Befehl des großen
Beraters
Enlil möge es eintreffen:
Möcht' einen Freund
ich gewinnen, einen Berater.
Gewinnen möcht' einen
Freund ich als Berater!
Du deutetest mir die Träume
von ihm!"«
Zweite Tafel
Enkidu saß vor der
Hure
Es umschmeichelten einander
die beiden.
Die Steppe vergaß
nun Enkidu, wo er geboren ward.
Er hörte ihr Wort, stimmte
zu ihrer Rede,
Des Weibes Rat fiel in sein
Herz.
Ein Gewand zog sie aus:
Ihn bekleidete sie mit dem
einen,
Das andere Gewand behielt
sie selbst an.
Sie nahm ihn an die Hand,
ihn wie ein Gott
Zu führen zu des Hirten
Tisch, zur Stätte des Hofes.
Um ihn scharten die Hirten
sich.
Aber Enkidu, der im Gebirge
daheim ist -
Verzehrte auch mit den Gazellen
das Gras,
[drei Verse fehlen]
Pflegt' er die Milch
des Getiers zu saugen.
Sie setzten ihm Speise vor,
er sah genau hin,
Er schaut und guckt
Nicht weiß Enkidu
Brot zu essen.
Rauschtrank zu trinken ward
er nicht gelehrt!
Die Hure tat den Mund auf
und sprach zu Enkidu:
»Iß das Brot,
Enkidu, das gehört zum Leben!
Trink den Rauschtrank, wie's
Brauch ist im Lande!«
Brot aß Enkidu, bis
er gesättigt war,
Trank den Rauschtrank -
der Krüge sieben!
Frei ward sein Inneres und
heiter,
Es frohlockte sein Herz,
und sein Antlitz erstrahlte! -
Mit Wasser wusch er ab seinen
haarigen Leib:
Er salbte sich mit Öl
und wurde dadurch ein Mensch.
Ein Gewand zog er an, wie
die Männer ist er nun.
Seine Waffe nahm er,
gegen die Löwen anzugehen
Es legten sich nachts schlafen
die Hirten!
Er erschlug die Wölfe,
verjagte die Löwen.
Es ruhten die alten Hüter:
Enkidu ist ihr Wächter,
Der wache Mensch, der eine
Mann.
[Lücke von 14 Versen.
Enkidu ist mit der Hure zusammen:]
Der Wollust ergibt er sich.
Da er aufhob die Augen,
erblickt' er einen Menschen!
Zur Hure sprach er:
»Hure, laß den
Menschen fortgehen!
Weswegen kam er? Seinen
Namen will ich rufen!«
Die Hure rief den Menschen
an,
Trat zu ihm hin und sprach
zu ihm:
»Mann, wohin eilst
du? Worum geht dein Mühen?«
Der Mann tat den Mund auf
und sprach zu Enkidu:
»Zum Hochzeitshause
lud man mich ein.
Das Schicksal der Leute
ist die Erstwahl zur Brautschaft!
Auf den Tisch häufte
ich die Festspeisen,
Die köstlichen Gerichte
des Hochzeitshauses.
Für den König
von Uruk-Markt als Erstwerber
ist geöffnet das Netz
der Leute!
Für Gilgamesch, den
König von Uruk-Markt, als Erstwerber,
ist geöffnet das Netz
der Leute!
Die, so zu Ehefrauen bestimmt
sind, beschläft er,
- Er zuvor, danach
erst der Ehemann:
Nach göttlichem Rat
ist's geboten,
Schon als man ihm abschnitt
die Nabelschnur, Ward's ihm bestimmt. «
Auf des Mannes Wort
wurde bleich sein Antlitz.
[Lücke von 9 Versen]
Voran geht Enkidu, und die
Hure ihm nach,
Da er hineingekommen
nach Uruk-Markt,
Scharte um ihn sich die
Bürgerschaft
Da er stehn bleibt auf der
Straße von Uruk-Markt,
Sind geschart auch die Leute
und sprechen von ihm:
»Er gleicht an Gestalt
dem Gilgamesch,
ist jedoch kleiner an Wuchs,
aber überaus stark.
Vielleicht, wo er geboren
wurde, aß er die Kräuter des Frühlings.
Saugte immer wieder ein
die Milch des Getiers.
Dauernd fanden in Uruk Opfer
statt,
Die Mannen reinigten sich,
Wie schwache Kindlein küssen
sie seine Füße:
Hingestellt ist eine Leier
für den Mann, dessen Gesicht gleichmütig ist;
Für Gilgamesch ist wie
für einen Gott eine Opfergabe hingestellt..
Der Ischara ist
schon das Lager gerüstet,
Gilgamesch war mit der jungen
Frau in der Nacht zusammengekommen.
Als er herankam, trat ein
Mann hin auf der Straße,
Versperrte den Weg dem Gilgamesch,
[Lücke von 9 Versen]
Gilgamesch ...
Über ihm ... zürnt
er ...
Er machte sich auf und ging
auf ihn zu,
Sie stießen zusammen
auf dem Markte des Landes.
Enkidu sperrte das Tor mit
dem Fuß,
Dal Gilgamesch eintrat,
gab er nicht zu.
Da packten sie sich, gingen
in die Knie wie Stiere,
Zerschmetterten den Türpfosten,
es erbebte die Wand! -
Gilgamesch und Enkidu
-
Ja, sie packten sich, gingen
in die Knie wie Stiere,
Zerschmetterten den Türpfosten,
es erbebte die Wand! -
Als Gilgamesch ins Knie
sank, am Boden den Fuß -
Da verrauchte sein Zorn,
er wandte seine Brust.
Sobald er gewandt seine
Brust,
Sprach Enkidu zu ihm, zu
Gilgamesch:
»Wie so einzig gebar
deine Mutter dich,
Des Geheges Wildkuh,
Rimat-Ninßun!
Erhöht ist über
die Männer dein Haupt,
Dir bestimmte der Leute
Königtum Enlil!
Die Fürsten der Welt
überragt deine Kraft..
[Lücke von etwa
10 Versen]
Sie küßten
einander und schlossen Freundschaft...
»Der Stärkste
im Land ist er, Kraft hat er!
Wie die Feste des Anu gewaltig
ist seine Stärke!
Stand hält ihm niemand!
- Erweis du ihm Gnade!«
Die Mutter des Gilgamesch
sprach zu ihrem Sohn,
Rimat-Ninßun sprach
zu Gilgamesch:
»Mein Sohn, ...
Bitterlich . . . «
[drei Verse fehlen]
»Bitterlich klagt er...
Nicht hat Enkidu Vater und
Mutter
Sein loses Haupthaar wurde
niemals geschnitten,
In der Steppe ist er geboren,
so erzog ihn niemand.«
Es stand Enkidu da, er vernahm
seine Rede,
Seine Augen füllten
mit Tränen sich,
Weh ward ihm zumute, ...
mühte er sich ab
Enkidus Augen füllten
mit Tränen sich,
Weh ward ihm zumute, ...
mühte er sich ab.
Sie faßten einander,
zusammen sich setzend,
Die Hände verschrankend
wie Liebende -
Gilgamesch neigte
sein Antlitz herab -
Und sprach zu Enkidu:
»Mein Freund, warum
sind gefüllt deine Augen mit Tränen,
Ward weh dir zumute, mühtest...
du dich ab?«
Enkidu tat den Mund auf
und ,sprach zu Gilgamesch:
»Die Klagen, mein
Freund, machten meinen Nacken starr
Meine Arme sind erschlafft,
meine Kraft ward geschwächt.
Gilgamesch tat den Mund
auf und sprach zu Enkidu:;
[vier Verse fehlen]
»Im Wald wohnt der
reckenhafte Chumbaba,
(Chumbaba
ist hier dargestellt als aus einer einzigen Schlange bestehend.)
Ich und du, wir wollen ihn
töten,
Aus dem Lande tilgen jegliches
Böse!
Laß uns fällen
den Zederbaum !«
[drei Verse fehlen]
Enkidu tat den Mund auf und
sprach zu Gilgamesch:
»Ich erfuhr es, mein
Freund, im Steppenland
Da umher ich streift' mit
dem Wild:
Auf sechzig Doppelstunden
liegt unberührt der Wald
Wer ist's, der hinab
in sein Inneres steige?
Chumbaba - sein Brüllen
ist Sintflut,
Ja, Feuer sein Rachen,
sein Hauch der Tod!
Weswegen begehrtest du, solches
zu tun?
Man besteht nicht im Kampf
um Chumbabas Wohnsitz.«
Gilgamesch tat seinen Mund
auf und sprach zu Enkidu:
»Des Waldes Berg will
ich ersteigen.
[ein Vers fehlt]
Zum Wald will ich ziehen,
der Wohnstatt Chumbabas,
Eine Axt und ein Schwert
sollen
mir Helfer sein!
Du bleibe nur hier, ich
werde hinziehn.«
Enkidu tat den Mund auf
und sprach zu Gilgamesch:
»Wie sollen wir hinziehn
... zum Walde der Zeder?
Sein Wächter ist Wer
[oder "Werwer" eine Wettergottgestalt] . . .
Stark ist er und schlummert
nimmer.
Chumbaba..., Wer ist mit
ihm,
Adad...
Zu bewahren die Zeder
hat Enlil ihn
Als Schrecknis bestimmt
für die Leute!
Und wer hinab in den Wald
steigt - Lähmung packt ihn!«
Gilgamesch tat den Mund auf
und sprach zu Enkidu:
»Wer, mein Freund,
könnte zum Himmel aufsteigen?
Götter nur thronen
ewig mit Schamasch
(Sonne)
Der Menschheit Tage aber,
sie sind gezählt,
Eitel Wind ist, was immer
sie wirken mag!
Du hier aber scheuest den
Tod!
Was ist's mit der Kraft
deines Heldensinns?
So will ich denn ziehen,
dir voran -
Dein Mund mag dann rufen:
"Geh, ran! Sei nicht bang!"
Fiele ich selbst - meinen
Namen richtet' ich auf:
"Gilgamesch hat wider den
reckenhaften Chumbaba den
Kampf gewagt", wird es heißen.
Du wurdest geboren und wuchsest
auf in der Steppe,
Ein Löwe sprang dich
an, du weißt alles!
[fünf Verse fehlen]
Ich will Hand anlegen, die
Zeder abhaun,
Einen Namen, der dauert
- mir will ich ihn setzen!
Jetzt, mein Freund, will
ich zum Waffenschmied mich aufmachen!
Beile soll man gießen
vor uns.«
Sie faßten sich an,
zu den Schmieden zu eilen:
Da saßen die Meister,
pflogen Rats,
Beile, große, gossen
sie,
Axte zu drei Talenten gossen
sie[1 Talent = 60 Pfund]
Schwerter, große,
gossen sie -Die Klingen zu zwei Talenten,
Die Knaufe zu dreißig
Pfund an den Griffen,
Sie brachten Schwerter zu
dreißig Pfund, von Gold!
Gilgamesch und Enkidu waren
jeder mit zehn Talenten gerüstet!
Die sieben Stadttore von
Uruk verriegelte er.
Das Wort hörte sie,
die Bürgerschaft scharte sich,
Man gab sich der Freude
hin auf der Straße von Uruk-Markt.
Des Volkes Freude sah Gilgamesch
auf der Straße von Uruk-Markt,
Da redete er, indes sich
das Volk vor ihm setzte,
Gilgamesch redet' zum Volke
von Uruk-Markt:
»Ich will ziehen zum
reckenhaften Chumhabal
Den Gott, von dem man redet,
will ich sehen!
Dessen Namen die Lande im
Munde führen -
den will ich ereilen im
Zedernwald!
Daß gar stark der
Sproß von Uruk ist,
will ich hören lassen
das Land!
Ich will Hand anlegen, die
Zeder abhaun,
einen Namen, der dauert
- mir will ich ihn setzen!«
Die Ältesten von Uruk-Markt
sprachen hinwiederum zu Gilgamesch:
»Weil du jung bist,
Gilgamesch, trägt dein Herz dich davon:
Du weißt nicht, was
immer du tun sollst.
Wie wir hören, sieht
Chumbaba
gar unheimlich aus -
Wer ist es, der seinen Waffen
begegnet?
Auf sechzig Doppelstunden
liegt unberührt der Wald -
Wer ist's, der hinab
in sein Inneres steige?
Chumbaba - sein Brüllen
ist Sintflut,
Ja, Feuer sein Rachen, sein
Hauch der Tod! -
Weswegen begehrtest du,
solches zu tun?
Man besteht nicht im Kampf
um Chumbabas Wohnsitz.«
Da Gilgamesch das Wort seiner
Ratgeber angehört,
Heftet' er lächelnd
den Blick auf seinen Freund:
»Jetzt, mein Freund,
sage ich s
Mag ich ihn auch fürchten
...
[acht Verse fehlen]
Dein Schutzgott möge
dich bewahren,
Dich den Weg gesund vollenden
lassen
Her zum Staden von Uruk-Markt.«
Da Gilgamesch hingekniet,
hob er die Hand empor:
»Was sie gesprochen,
möge geschehen.
Nun zieh ich, Schamasch!
...
Auch fürderhin mög'
ich heil am Leben bleiben!
Heim laß mich kehren
zum Walle in Frieden!
Breite du über mich
deinen Schirm!«
Nun rief Gilgamesch seinen
Freund,
Sein Vorzeichen schaute
er an mit ihm.
[sechs Verse fehlen]
Aus Gilgameschs Augen rannen
die Tränen:
» .... einen Weg, den ich
nimmer befahren.
Auch kenne ich gar nicht
seinen Wandel, o mein Gott!
Soll ich da heil am Leben
bleiben,
So will ich dir dienen nach
Herzenslust,
Will mich sättigen
am Haus in deiner Wonne
Will dich sitzen lassen
auf Thronen.«
Nun brachten die Knechte
herbei sein Gewaff:
Große Schwerter, Bogen
und Köcher waren es.
... händigten sie ein.
Er nahm sich Beile,
Hing um seinen Köcher,
den Bogen von Anschan,
An seinen Gürtel legt'
er das Schwert.
Die Mannen gehn fürbaß,
... bringen sie heran:
»Gilgamesch,
wann wirst du ihn zurückbringen
können zur Stadt?«
Das für die 2. Tafel
sehr schlecht erhaltene jüngere Epos erzählt einiges etwas anders.
Nach einem
kürzlich gefundenen
Tafelbruchstück antwortet Gilgamesch auf die Warnung der Ältesten,
daß er (gegen
Chumbaba)
ziehen werde und
dann nach der Rückkehr in Uruk das Neujahrsfest (des Frühjahrs)
feiern
wolle.
Freudengesange sollen
ertönen und »elluri» [»elluri'«, »jilurt«
oder »allari«, »alliri« ist als Ruf bei
Festen auch in anderen Texten
bezeugt] solle man immer wieder rufen.
Darauf spricht Enkidu zu den
Ältesten:
»Sprecht zu ihm, daß
er nicht ziehe zum Zedernwald!
Den Weg dahin kann man nicht
gehen!»
[Danach Textlücke.]
Dritte Tafel
Die Ältesten segneten
ihn,
Für den Weg berieten
sie Gilgamesch:
»Nicht solltest du,
Gilgamesch, traun deiner Kraft!
Deine Augen seien erleuchtet,
behüte dich selbst!
Der da kennt den Steg, behütet
den Freund:
Es gehe Enkidu vor dir her,
Gesehn hat er den Weg, befahren
die Straße,
Er kennt des Waldes Zugänge,
All die bösen Anschläge
Chumbabas!
Schon früher hat er
bewahrt den Gefährten
Seine Augen sind erleuchtet,
er wird dich beschützen!
Deinen Wunsch erlangen lasse
dich Schamasch (Sonne),
Lasse sehn dein Auge, was
kundtat dein Mund!
Er tue dir auf den versperrten
Pfad!
Die Straße erschließe
er deinem Schritt,
Den Berg erschließe
er deinem Fuß!
Die Nacht heut bringe dir,
was dich erfreut,
Lugalbanda steh' zum Erfolge
dir bei!
Komm recht bald zu deinem
Erfolg!
Im Flusse Chumbabas,
zu dem du strebst, wasch dir die Füße!
Bei deiner Abendrast grab
einen Brunnen,
Sei stets reines Wasser
in deinem Schlauch!
Kühles Wasser bringe
dem Schamasch dar!
Lugalbandas sollst du immer
gedenken!
Enkidu möge den Freund
behüten, den Gefährten bewahren,
Bis zu den Gattinnen bring'
er seinen Leib!
In unserer Versammlung übergeben
wir dir [Enkidu] den König,
Du wirst heimführend
den König uns übergeben!«
Enkidu tat den Mund auf und
sprach zu Gilgamesch:
»Bis du den Weg zurückgelegt
hast, reise unverdrossen!
Dein Herz sei furchtlos
- schau nur auf mich!
Dahin, wo er aufschlug seine
Wohnung,
Zum Weg, den Chumbaba zu
wandeln pflegt,
Unsern Aufbruch befiehl
- wende die Ältesten von hinnen!«
Gilgamesch tat den Mund
auf und sprach zu den Ältesten von Uruk-Markt:;
[drei Verse fehlen]
..... mögen mit mir
ziehen!
Tun will ich, was ich euch
gesagt hab,
Mögen freudig folgen
die Mannen!«
Da sie diese seine Rede
vernahmen,
Da flehten ihn an die Männer:
»Zieh hin, Gilgamesch,
glücklich sei dein Beginnen!
Es gehe dein Schutzgott
zur Seite dir,
Er lasse dich kommen zu
deinem Erfolg!«;
Gilgamesch tat zum Reden
den Mund auf und sprach zu Enkidu:
»Komm, Freund, gehn
wir zum Großpalast,
Vor Ninsun, die große
Königin!
Ninsun, die kluge, alles
Wissens kundig,
Sie erteilt unsern Füßen
bedachtsamen Schritt.«
Da faßten einander
sie, Hand in Hand,
Gilgamesch und Enkidu gingen
zum Großpalast
Vor Ninsun, die große
Königin.
Es erhob sich Gilgamesch
und trat bei ihr ein:
»Ninsun, ich bin nun
erstarkt ...
Einen fernen Pfad, wo
Chumbaba ist, zieh ich,
Einen Kampf besteh ich,
den ich nicht kenne,
Einen Weg befahr ich,
den ich nicht kenne!
Über die Zeit, daß
ich gehe und rückkehr,
Daß ich gelange zum
Zedernwald,
Daß ich erschlage
den Recken Chumbaba
Und jegliches Böse,
das Schamasch verhaßt ist, tilg aus dem Lande -
Fleh du zu Schamasch um
meinetwillen.
Wenn ich ihn getötet,
gefällt seine Zeder,
Mag Friede im Lande sein
oben und unten,
Des Sieges Zeichen erricht
ich vor dir. «
Die Rede ihres Sohnes Gilgamesch
Vernahm bekümmert die
Königin
Ninsun.
[vierzehn Verse fehlen]
Ninsun tritt in ihr
Gemach ein,
für ihren Leib nahm
sie Laugenkraut.
Sie legt ein Gewand an,
wie's ziemt ihrem Leib,
ein Geschmeide auch, wie's
ziemt ihrer Brust,
Sie hat angetan Gürtel
und Königsmütze,
sprengt Wasser aus Schalen
auf Erde und Staub.
Die Stiege betrat sie, erklomm
den Söller,
erstieg das Dach, brachte
Weihrauch dar vor Schamasch (Sonne),
Sie vollzog das Opfer, vor
Schamasch hob sie die Arme empor:
»Warum verliehst du
zum Sohn mir Gilgamesch, erteiltest du ihm ein Herz
ohne Ruh'?
Und nun hast du ihn angerührt,
daß er hinzieht
Einen fernen Pfad, wo Chumbaba
ist,
Er will einen Kampf bestehn,
den er nicht kennt,
Einen Weg befahren, den
er nicht kennt!
Uber die Zeit, daß
er geht und rückkehrt,
Daß er gelangt zum
Zedernwald,
Daß er erschlägt
den Recken Chumbaba,
Und jegliches Böse,
das dir verhaßt ist, tilgt aus dem Lande:
Am Tage, da du auf Gilgameschs
Weg schaust,
Möge sie keine Scheu
vor dir haben, Aja, die Braut, dich erinnern!
Auch den Wächtern der
Nacht befiehl ihn an,
Den Sternen, und abends
dem Sin (Mond), deinem Vater. «
[Nach einer Lücke von
etwa 92 Versen...]
Rimat-Ninsun häufte
den Weihrauch und sprach die Beschwörung.
Enkidu rief sie, Bescheid
zu erteilen:
»Enkidu, starker,
nicht meinem Schoß entsprossest du!
Jetzt sprach ich zu dir
mit den Tempeloblaten des Gilgamesch,
Den Gottesbräuten,
Geweihten, Tempeldienerinnen!«
Ein Kleinod legte
sie um Enkidus Hals,
Die Gottesbräute nahmen...,
Und die Gottestöchter
wollten ihn auferziehn.
[84 Verse fehlen]
Zweite Rede der Ältesten
an Enkidu:
»Enkidu möge den
Freund behüten, den Gefährten bewahren,
Bis zu den Gattinnen bring'
er seinen Leib!
In unsrer Versammlung übergeben
wir den König,
Du wirst heimführend
den König uns übergeben!«
[Der Rest der Tafel ist zerstört
]
Vierte Tafel
Nach zwanzig Doppelstunden
nahmen sie einen Imbiss ein,
Nach dreißig Doppelstunden
schickten sie sich zur Abendrast,
Fünfzig Doppelstunden
zogen sie den ganzen Tag,
Eine Strecke von einem Monat
und fünfzehn Tagen.
Am dritten Tage näherten
sie sich dem Libanon.
Im Blick auf die (sinkende)
Sonne gruben sie einen Brunnen.
[In die nun folgende Textlücke
oder eine der folgenden Textlücken könnte der Traum Gilgameschs
gehören,
den die altbabylonische Fassung wie
folgt erzählt:]
»Steig hinauf auf den
Felsen des Berges, schau an . . .!
Des Schlafes der Götter
bin ich beraubt!
Mein Freund, ich sah einen
Traum:
Wie ist er schlecht, wie
. . . , wie wirr!
Ich packte eben Wildstiere
der Steppe
Bei seinem Rufen . . .t den Erdboden seine Staubwolke beim Weichen des Regens.
Bei seinem Anblick verging
ich schier.
Es packt. . . , die meinen
Arm umfasst.
Die Zunge zog mir heraus
Meine Schläfe schwoll
mir an . . .
Mit Wasser aus seinem Schlauch
tränkte er mich.«
»Der Gott, mein Freund,
zu dem wir hinziehen,
Ist nicht der Wildstier!
Fremdartig ist alles an ihm!
Der Wildstier, den du sahst,
ist Schamasch, der Beschützer!
In der Not wird er unsere
Hand ergreifen.
Der mit Wasser aus seinem
Schlauch dich tränkte,
Ist dein Gott, der dir Ehre
erweist, ist Lugalbanda!
Wir wollen uns zusammentun
und das eine verrichten,
Ein Werk, das nicht zuschanden
wird im Tode. «
[vier Verse fehlen]
Den zweiten Traum,
den ich sah, will ich dir erzählen:
In tiefen Gebirgsgründen
standen wir,
da stürzte der Berg,
. . .
Wir waren vor ihm wie Röhrichtfliegen
. . .«
Der in der Steppe geboren
ward und . . .,
Zu seinem Freunde sprach
er, den Traum zu deuten:
»Mein Freund, schön
ist dein Traum, der Traum ist überaus
kostbar, . . .
Freund, der Berg, den du
sahst, ist Chumbaba!
Wir werden Chumbaba packen,
ihn töten,
Und hinaus ins Gefild' seinen
Leichnam werfen,
und am Morgen . . .«
Nach zwanzig Doppelstunden
nahmen sie einen Imbiss ein,
Nach dreißig Doppelstunden
schickten sie sich zur Abendrast.
Im Blick auf die (sinkende)
Sonne gruben sie einen Brunnen.
Es stieg Gilgamesch auf einen
Berg, Brachte ein Mehlopfer dar für . . . und sprach:
»Berg, bring mir einen
Traum, eine gute Botschaft!«
Es bereitete ihm Endiku
für die Nacht das Lager.
[In der folgenden großen
Textlücke wurden zwei weitere Traume Gilgameschs mit ihrer Deutung
durch Enkidu erzählt.]
Nach zwanzig Doppelstunden
nahmen sie einen Imbiss ein,
Nach dreißig Doppelstunden
schickten sie sich zur Abendrast.
Im Blick auf die (sinkende)
Sonne gruben sie einen Brunnen.
Es stieg Gilgamesch auf
einen Berg,
Brachte ein Mehlopfer dar
für . .. und sprach:
»Berg, bring mir einen
Traum, eine gute Botschaft!«
Es bereitete ihm Enkidu
für die Nacht das Lager,
Ein Regensturm zog vorüber,
da befestigt' er ein Dach.
Er ließ ihn sich legen,
und an einem Ring . . .
Sie . . . ten wie Korn des
Gebirges . . .
Während Gilgamesch dasitzt,
das Kinn an sein Bein gelegt,
Befiel ihn der Schlaf, der
auf die Menschen herabquillt,
In der mittleren Wache
brach er den Schlaf ab,
Fuhr empor und sagte zum
Freunde:
»Freund, riefst du
mich etwa? Warum denn bin ich erwacht?
Stießest du mich etwa
an? Warum denn bin ich entsetzt?
Ging etwa ein Gott hier
vorbei?
Warum denn schaudert's mich an den Gliedern?
Freund, ich sah einen dritten
Traum,
und der Traum, den ich sah,
war ganz entsetzlich:
Auf schrien die Himmel,
das Erdreich dröhnte - !
Der Tag erstarrte, die Finsternis
kam heraus,
Auf blitzte ein Blitz, es
entlodert' ein Feuer,
wurden immer dichter, es
regnete Tod.
Dann wurde rot das weißglühende
Feuer und verlosch, alles aber, was da herabfiel,
ward zu Asche.
Komm hinab, im Gefild' können
Rats wir pflegen.«
Da Enkidu seinen Traum,
den er ihm vorgebracht, hörte,
sprach er zu Gilgamesch:
[ Die nun folgende Textlücke
von 30 bis 40 Versen enthielt die Deutung dieses Traumes.
Danach wurde
ein weiterer Traum erzählt, von dessen
Deutung nur Reste erhalten
sind.
Enkidu deutet auch diesen Traum auf den Sieg über Chumbaba,
dessen Name zweimal genannt zu sein scheint.]
Sein . . ., wir werden
stehen auf . . .
. . . das gute Wort des
Schamasch . . . «
Nach zwanzig Doppelstunden
nahmen sie einen Imbiss ein,
Nach dreißig Doppelstunden
schickten sie sich zur Abendrast.
Fünfzig Doppelstunden
zogen sie den ganzen Tag.
Im Blick auf die (sinkende)
Sonne gruben sie einen
Brunnen.
[ein Vers fehlt]
Es stieg Gilgamesch auf einen
Berg,
Brachte ein Mehlopfer dar
für . . .und sprach:
»Berg, bring mir einen
Traum, eine gute Botschaft!«
Es bereitete ihm Enkidu
für die Nacht das Lager.
Ein Regensturm zog vorüber,
da befestigt' er ein Dach.
Er ließ ihn sich legen,
und an einem Ring . . .
[ Es folgt wieder eine große
Textlücke von 50 bis 60 Versen. In ihr wurden vermutlich zunächst
wieder zwei Träume Gilgameschs mit ihrer Deutung durch Enkidu erzählt.
Vermutlich war die Deutung nicht so positiv wie die für die früheren
Träume gegebenedenn Enkidu selbst wollte, wie es scheint, vor Erreichung
des Zieles umkehren, als er des riesigen Zedernwaldwächters ansichtig
wurde. Nach der Lücke spricht wohl
Gilgamesch:]
Was du in Uruk gesagt
hast und . . . ,
Bedenke, tritt herzu und
. . .!«
Des Gilgamesch, der in Uruk-Gart
geboren ward,
Bittworte hörte Schamasch.
Plötzlich ruft er ihm
zu ein Alarmsignal aus dem Himmel:
»Tritt eilends hinzu,
dass der Wächter nicht hineingehe in den Wald,
Nicht hinabsteige
in den Forst, nicht sich verberge!
Hat er doch noch nicht angelegt
seine
sieben Panzermäntel
Einen nur hat er an, abgelegt
jedoch die sechs!«
Sie nun machten daraufhin
sich bereit
Einem trotzigen Wildstier
gleich aufeinander zu stoßen . . .
Da mit einem Mal schrie
Enkidu und ward des Schreckens voll,
denn es schreit der Wächter
der Wälder,
Chumbaba wie . . .
Eine schlüpfrige
Wegstelle gefährdet nicht zwei, die einander helfen
Zwei dreifache . . .
Ein dreifach geflochtenes
Seil wird nicht . . .
Des gewaltigen Löwen
zwei Junge können ihn fortstoßen.
[Etwa 10 bis 15 Verse fehlen.
Enkidu ließ sich von Gilgamesch überreden, nicht umzukehren.
Den schlecht erhaltenen Schluss der Tafel darf man vielleicht so herstellen:]
Enkidu tat zum Reden den
Mund auf und sprach zu Gilgamesch:
»Sobald wir hinabgestiegen
sein werden in den Zedernwald.
Wollen wir den Baum spalten
und abreißen sein Astwerk!«
Gilgamesch tat zum Reden
den Mund auf und sprach zu Enkidu:
»Warum, mein Freund,
haben wir bisher so kümmerlich. . . ?
Gemeinsam kamen wir hinweg
über all die Gebirge.
[ein Vers fehlt]
Mein Freund, der du mit dem
Kampf so vertraut bist,
Der die Schlacht . . .
. . .schlugst du
so oft, daher fürchtest du nicht den Tod.
. . .wie ein Buhlknabe
. . .
Wie eine Kesselpauke ertöne
laut deine Stimme!
Es gehe fort der lähmende
Schmerz aus deinen Armen
Und es hebe sich weg die
Entzündung in deinen Knien!
fass an, mein Freund, dass
vereint wir weiterziehen,
Dein Herz soll den Kampf
fordern,
Vergiss den Tod, erlahme
nicht!
Der an der Seite wacht,
der umsichtige Mann,
Der vorangeht, hat sich
selbst geschützt, er bewahre nun
auch den Gefährten,
Sobald durch ihren Kampf
sie sich einen Namen gemacht haben!«
Zum allzeit grünenden
Wald gelangten die beiden
Sie unterbrachen ihr Reden
und standen still.
Fünfte Tafel
[Ninive-Fassung:]
Still standen sie am Rande
des Waldes,
Staunen immer wieder an
die Höhe der Zedern,
Staunen zugleich an den
Eingang des Waldes.
Wo Chumbaba zu gehen pflegte,
war eine Fußspur,
Die Wege sind gerichtet,
schön gemacht ist die Bahn.
Sie sehen den Zedernberg,
die Wohnstatt der Götter, Irninis Weihesitz.
Angesichts dieses Berges
trägt die Zeder ihre Fülle,
Ist ihr Schatten so wonnig,
reich an Erquickung.
Ineinander verschlungen
war das Dornbuschwerk, verfilzt das Gehölz.
... die Zeder, der Styraxbaum
...
Von einem Graben, eine
Meile lang, war umschlossen der Wald,
[mind. 35 Verse fehlen]
Plötzlich die Schwerter...
Und nachdem die Scheiden
abgezogen waren ...
Die Äxte waren bestrichen
mit Gift ...
Kurze und lange Schwerter...
[2 Verse fehlen]
Chumbaba ...
Er kommt aber nicht ...
[9 Verse fehlen]
Enkidu tat seinen Mund auf
und sprach zu Gilgamesch:
»... Chumbaba ...
... einzeln ...
[1 Vers fehlt]
Eine schlüpfrige Wegstelle
gefährdet nicht zwei, die einander helfen
Zwei dreifache ...
Ein dreifach geflochtenes
Seil wird nicht ...
Des gewaltigen Löwen
zwei Junge können ihn fortstoßen.
[Spätbabylonische Uruk-Fassung:]
[Die Freunde sind nun in
den Wald eingedrungen und stehen zum ersten Mal Chumbaba gegenüber.]
Chumbaba tat seinen
Mund auf zu reden und sprach zu Gilgamesch:
»Beraten sollen sich
da doch, Gilgamesch, der Tölpel (und) der Dummkopf:
Warum lieft ihr bis zu mir?
Gib den Rat doch, Enkidu,
du Fischsohn, der seinen Vater nicht kennt,
Den Schildkröten, klein
groß, die nicht einsaugen konnten die Milch ihrer Mutter!
Schon, als du noch klein
warst, blickte ich dich an, trat aber nicht heran an dich
... in meinem Inneren.
... den Gilgamesch du gelangen
ließest bis vor mich.
Bevor du ... mit einem Feind,
einem Fremden hintratest,
Hätte ich ..., Gilgamesch,
Kehle und Nacken,
Hätte dein Fleisch
fressen lassen sollen den Schlangenvogel, den Adler und Geier!«
Gilgamesch tat seinen Mund
auf zu reden und sprach zu Enkidu:
»Mein Freund, Chumbabas
Gesicht änderte jetzt sein Aussehen,
Er reckte hoch seine Gestalt, wie sollen wir da zu ihm gelangen?;
[2 Verse fehlen]
Enkidu tat seinen Mund auf
zu reden und sprach zu Gilgamesch:
Warum, mein Freund, klagst
du so gar kümmerlich,
Wurde ganz schlaff dein
Mund und verstecktest du dich?
Jetzt aber, mein Freund,
ist eines ... :
In der Gußrinne des
Schmiedes Kupfer ...
Die Aschenglut über
eine Meile hin anfachen, das Angefachte über eine Meile hin!
Den Flutsturm zu schicken,
die Peitsche fest anfassen!
Zieh nicht weg deine Füße,
wende dich nicht rückwärts!
... mach stark deinen Schlag!»
[20-25 Verse fehlen]
... sie seien vertrieben!
... den fernen.
Er schlug den Kopf, ...
trat ihm gegenüber hin.
Mit ihren Fußsohlen
stampfen sie auf der Erde,
Durch ihr Herumspringen
bersten Sirara und Libanon.
Da wurde schwarz das weiß'
Gewölk,
Der Tod regnet wie Nebel
auf sie herab.
Schamasch erweckte gegen
Chumbaba große Sturmwinde,
Den Süd(ost)wind, den
Nord(west)wind, den (Nord-) Ostwind, den (Süd-) Westwind, den Böenwind,
Den Sturm, den Wildsturm,
den bösen Wind, den Simurru-Wind,
Den Asakku-Dämon, den
Schüttelfrost, den Sturmwind, den Sandsturm:
Dreizehn Winde erhoben sich
gegen ihn und verfinsterten Chumbabas Gesicht.
Er kann nicht nach vorn
stoßen, er kann nicht nach hinten laufen.
Auch konnten die Waffen
des Gilgamesch den Chumbaba erreichen.
Chumbaba sucht sein Leben
(zu retten) und spricht zu Gilgamesch:
»Klein noch warst
du, deine Mutter hatte dich geboren,
und du bist doch der Sprößling
des ...,
Auf den Befehl des Schamasch,
des Herrn des Gebirges, erhobst du dich,
Du, der aus Uruk Entsprossene,
der König Gilgamesch!
[3 Verse fehlen]
Ich will mich für dich
hinsetzen, in ...
Bäume, so viele du
mir sagen wirst ...
Ich will für dich bewahren
den Myrtenbaum ...
Die Hölzer für
die würdige Ausstattung deines Palastes!«
Enkidu tat seinen
Mund auf zu reden und sprach zu Gilgamesch:
»Mein Freund, hör nicht
auf das, was Chumbaba dir sagt!
[20 Verse fehlen]
Du weißt Bescheid
mit meinem Wald, dem Bescheid ...
Auch kennst du die Anordnungen
alle!
Ich hätte dich hochheben
sollen, dich töten am Eingang zum Gezweig meines Waldes
Hätte dein Fleisch
fressen lassen sollen den Schlangenvogel, den Adler und Geier!
Jetzt nun, Enkidu, liegt
bei dir das Freigeben!
Sprich zu Gilgamesch, daß
er das Leben schone!«
Enkidu tat seinen Mund auf
zu reden und sprach zu Gilgamesch:
»Mein Freund, Chumbaba
ist der Wächter des Zedernwaldes.
Zermalme ihn, töte
ihn, zermahle ihn und ...!
Chumbaba, den Wächter
des Waldes, zermalme ihn, töte ihn, zermahle ihn und ...!
Bevor es hört der Allererste
(der Götter), Enlil ...,
Werden des Zornes gegen
uns voll werden die Götter .. .!
Enlil in Nippur, Schamasch
in Sippar ...
Errichte einen dauernden
...,
Daß Gilgamesch den
Chumbaba erschlug ... !«
Als Chumbaba das hörte,
...
[60 Verse fehlen]
Auch wurden veranlaßt
Anschwärzungen ...
Du sitzest da wie ein Hirt
...
Und wie ein Mietling seines
Mundes ...
Jetzt nun, Enkidu, liegt
bei dir das Freigeben!
Sprich zu Gilgamesch, daß
er das Leben schone!«
Enkidu tat seinen Mund auf
zum Reden und sprach zu Gilgamesch:
»Mein Freund, Chumbaba ist
der Wächter des Zedernwaldestöte ihn und dann...!
Bevor es hört der Allererste
(der Götter), Enlil...,
Werden des Zornes gegen
uns voll werden die Götter
Enlil in Nippur, Schamasch
in Sippar ...
Daß Gilgamesch den
Chumbaba erschlug ...!«
Als Chumbaba das hörte,
...
[25-30 Verse fehlen, in denen
Chumbaba die beiden Freunde zu verfluchen beginnt]
Nicht soll ...!
Nicht gewähre er ein
hohes Alter den beiden.
Über seinen Freund Gilgamesch
hinaus soll Enkidu kein Ufer finden!«
Enkidu tat seinen Mund auf
zu reden und sprach zu Gilgamesch:
»Mein Freund, ich
rede zu dir, aber du hörst nicht auf mich!
[4 Verse fehlen]
... das Innere bis zur Lunge
rissen sie heraus
... springt er.
läßt er plätschern
den Kessel.
... der Fülle fiel
auf den Berg
... der Fülle fiel
auf den Berg.
[30 Verse fehlen]
... die Zeder fällten
sie
... Schlag ihres Abfallholzes.
Gilgamesch fällt
die Bäume, Enkidu durchsucht das Wurzelwerk.
Enkidu tat zum Reden den
Mund auf und sprach zu Gilgamesch:
»Mein Freund, gefällt
haben wir nun die hochragende Zeder,
Deren Wipfel den Himmel
durchstieß!
Zimmere daraus eine Tür,
deren Höhe sechs Doppelruten beträgt, der Breite zwei Doppelruten,
Deren Dicke eine Elle, ihre
Türstange, ihre untere und obere Türangel werden aus einem Stück
(gefertigt).
Nach Nippur bringe man sie,
der Euphrat trage sie hinab, Nippur freue sich ihrer!
[1 Vers fehlt]
Sie fügten zusammen
ein Floß ...
Enkidu fährt darauf
...
Gilgamesch aber trägt
das Haupt des Chumbaba ...
[Altbabylonische Fassung, soweit verständlich:]
Enkidu sprach zu ihm, zu
Gilgamesch:
»Erschlage den Chumbaba,
...deinen Göttern!
[1 Vers fehlt]
... wirst du Vergeltung an
ihm üben!«
Gilgamesch sprach zu ihm,
zu Enkidu:
Jetzt werden wir ... veranstalten,
Dann werden die Lichtglanzstrahlen
im Dickicht verschwinden
Lichtglanzstrahlen werden
verschwinden und der Strahlenglanz tritt ein in... «
Enkidu sprach zu ihm, zu
Gilgamesch:
Mein Freund, fang den Vogel
(zuerst)! Wohin sollen dann seine Küchlein gehen?
Die Lichtglanzstrahlen wollen
wir hernach suchen,
Sie werden wie die Küchlein
im Gras herumlaufen!
Ihn schlage erneut, dann
erschlage seinen Diener mit ihm!«
Es hörte Gilgamesch
das Wort seines Gesellen,
Nahm die Axt in seine Hand,
Zog das Schwert aus seinem
Gürtel.
Gilgamesch schlug ihn am
Hals,
Sein Freund Enkidu packte
ihn ...
Beim dritten Schlag fiel
er.
Seine verwirrten ... sind
totenstill,
Als den Wächter
Chumbaba er zu Boden geschlagen hatte.
Auf zwei Doppelstunden ...
Mit ihm hatte Enkidu erschlagen
...
[1 Vers fehlt]
Erschlagen hatte er den Schurken
des Waldes
Vor dessen Gebrüll
gebebt hatten Saria und Libanon.
In Furcht gerieten ... die
Berge,
...erzitterten alle Gebirge.
Er erschlug den Schurken
des Zedernwaldes
Die zerschlagenen ... sie
und erschlugen sieben.
Das Kampfnetz ..., das Schwert
von acht Talenten,
Die Last von zehn Talenten
nahm er ... den Wald.
Die verborgene Wohnung
der Anunnaku öffnete er.
Gilgamesch fällt
die Bäume, Enkidu durchgräbt das Wurzelwerk.
Enkidu sprach zu ihm, zu
Gilgamesch:
.... Gilgamesch, erschlage
die Zeder!;
[Der Rest dieser Tafel ist
fast ganz zerstört. Die nächste Tafel fährt fort:]
Mit deiner Kraft allein hast
du den Wächter erschlagen.
Was ist es mit deinen Gürtelklammern
...?
Leg hin die hochragende
Zeder, die dir nun gehört, deren Wipfel den Himmel erreichte!
Ich will eine Tür zimmern
von einer Rute Breite.
Ich suche eine Türangel,
am Gewände gehe sie!
Eine Elle soll sie dick
sein, eindrittel Rute ihre Breite.
Nicht nähere sich
ihr ein Fremder, der Gott soll hindurchschreiten!
Zum Tempel des Enlil bringe
sie der Euphrat!
Es freue sich über
dich Enlil, ...!
jauchze über sie Enlil!
'Das
grosse Omm = Omm mega'
[Rest dieser Tafel ist zerstört.]
Sechste Tafel
Seinen
Schmutz wusch er ab, reinigte sein Wehrgehäng,
Seinen
Haarschopf schüttelt' er sich in den Rücken,
Warf
die unreinen Kleider ab, zog sich saubre an,
Mit dem
Mantel umhüllt' er sich, hat den Gürtel um.
Wie Gilgamesch
die Königsmütze sich aufgesetzt,
Erhob
zu Gilgameschs Schönheit Ihre Augen die fürstliche Ischtar:
;
»Komm,
Gilgamesch! Du sollst mein Gatte sein!
Schenk,
o schenke mir deine Fülle!
Du sollst
mein Mann sein, ich will dein Weib sein!
Ich will
dir bespannen lassen einen Wagen von Gold und Lasurstein,
Mit goldenen
Rädern und Hörnern von Mondstein!
Mit Stürmen,
mit großen Mauleseln soll er bespannt sein!
Unter
Zederndüften betritt unser Haus!
Dir sollen
beim Eintritt in unser Haus
Türpfosten
und Thronsessel die Füße küssen!
Vor dir
sollen knien Könige, Vornehme und Fürsten,
Die Lullubäer'
des Gebirgs und das Land sollen dir Abgaben bringen!
Die Ziegen
sollen dir Drillinge werfen, die Schafe Zwillinge!
Dein
lastbarer Esel hole das Maultier ein!
Dein
Roß vorm Wagen, der feurigste Renner sei's!
Dein
Rind im Joch habe keins, das ihm gleichkommt!«
Gilgamesch
tat seinen Mund zum Reden auf
und sprach
zur fürstlichen Ischtar:
»Was
muß ich dir geben, wenn ich dich nehme?
Brauchst
du Salbe für den Leib, oder brauchst du Gewänder?
Fehlt
es dir etwa an Brot oder Nahrung?
Freilich
habe ich götterwürdige Speise,
Habe
manchen Trank, der dem Königtum ansteht!
[1 Vers
fehlt]
Doch wozu?
An der Straße, da sei dein Sitz,
... mit
einem Mantel magst du bekleidet sein,
Dann
wird dich nehmen, wer immer Lust hat!
Ein Ofen
bist du, der das Eis nicht ...
Eine
unfertige Türe, die Wind und Blast nicht abhält!
Ein Palast,
der niederschmettert den Helden,
Ein Elefant,
der da abreißt seine Decke!
Erdpech,
das seinen Träger besudelt,
Ein Schlauch,
der seinen Träger durchnäßt!
Ein Kalkstein,
der die steinerne Mauer sprengt,
Ein Jaspis,
der das feindliche Land herbeilockt!
Ein Schuh,
der seinen Besitzer kneift!
Welchen
deiner Buhlen behältst du für allezeit lieb?
Welche
deiner Racken, die ... hinaufgekommen wäre?
Wohlan,
deine Liebsten will ich dir nennen!
[1 Vers
fehlt]
Dumuzi,
deinem Jugendgeliebten -
Ihm hast
Jahr für Jahr du zu weinen bestimmt.
Da du
die bunte Racke liebtest,
Hast
du sie geschlagen, ihr den Flügel zerbrochen,
In den
Wäldern weilt sie nun, >Kappi< [= mein Flügel] rufend!
Da den
Leu du liebtest, den kraftvollkommenen,
Grubst
du ihm Gruben, sieben und abermals sieben.
Da du
liebtest das schlachtenfromme Roß,
Hast
ihm Peitsche du, Stachel und Peitschenschnur bestimmt,
Sieben
Doppelstunden zu rennen bestimmt,
Aufgewühltes
zu saufen bestimmt,
Seiner
Mutter Silili zu weinen bestimmt!
Da du
den Hirten, den Hüter liebtest,
Der ständig
dir Aschenkuchen geschichtet,
Täglich
dir Zicklein geschlachtet hatte,
Hast
du ihn geschlagen, in einen Wolf verwandelt:
Die eigenen
Hirtenknaben verjagen ihn nun,
Und seine
Hunde beißen ihn in die Schenkel.
Da du
liebtest Ischullânu, deines Vaters Palmgärtner,
Der ständig
dir Körbe voll Datteln brachte,
Täglich
prangen ließ deinen Tisch -
Erhobst
du zu ihm die Augen, gingst hin zu ihm:
,Mein
Ischullânu, ach, genießen wir deine Kraft!
Und deine
Hand sei ausgestreckt, faß an unsere Blöße!
Ischullânu
redete zu dir:
»Was
verlangst du eigentlich da von mir?
Buk nicht
meine Mutter? Hab ich nicht gegessen?
Daß
ich nun essen müßte mein Brot unter Beschimpfungen und Flüchen,
Daß
Halfagras nur meine Bedeckung wäre gegen die Kälte?«
Da du
nun diese seine Rede hörtest,
Hast
du ihn geschlagen, in einen Verkümmerten verwandelt,
Auch
ließest du ihn wohnen inmitten von Mühsal.
Nicht
sind oben ..., nicht liegt unten sein Schöpfeimer
Und liebst
du mich, so machst du mich jenen gleich!«
Ischtar
- kaum daß sie dieses hörte,
War
sie, Ischtar, sehr zornig, stieg empor zum Himmel,
Es
ging Ischtar hin, weint vor Anu, ihrem Vater.
Vor
Antum, ihrer Mutter, fließen ihre Tränen:
»Mein
Vater! Gilgamesch hat mich sehr beschimpft!
Beschimpfungen
gegen mich reihte er aneinander,
Beschimpfungen
und Flüche gegen mich!«
Anu tat
zum Reden den Mund auf
und sprach
zur fürstlichen Ischtar:
»Wohl
reiztest du selber den König von Uruk,
Darum
reihte Gilgamesch Beschimpfungen gegen dich aneinander,
Beschimpfungen
und Flüche gegen dich!«
Ischtar
tat zum Reden den Mund auf
und sprach
zu Anu, ihrem Vater:
»Mein
Vater! Schaff mir den Himmelsstier,
daß
er Gilgamesch töte in seinem Hause!
Schaffst
du mir aber den Himmelsstier nicht,
so zerschlag
ich die Türen der Unterwelt,
Zerschmeiß
ich die Pfosten, laß die Tore weit offenstehn,
Laß
ich auferstehn die Toten, daß sie fressen die Lebenden,
Der Toten
werden mehr sein denn der Lebendigen!«
Anu tat
zum Reden den Mund auf
und sprach
zur fürstlichen Ischtar:
»Wenn
du den Himmelsstier von mir verlangst,
wird
es für Uruk sieben Spreujahre geben.
Dann
muß ich für die Menschen Korn sammeln,
wachsen
lassen viel Gras für das Vieh!«
Ischtar
tat zum Reden den Mund auf
und sprach
zu Anu, ihrem Vater:
»Vater,
ich häufte Korn für die Menschen auf,
Gras
für das Vieh hab ich auch beschafft!
Daß
sie satt in den sieben Spreujahren werden,
hab für
die Menschen ich Korn gesammelt,
Wachsen
lassen viel Gras für das Vieh.«
Als nun
Anu der Ischtar Rede hörte,
legte
er des Himmelsstiers Leitseil in ihre Hand.
Hinab
zur Erde führt' ihn jetzt Ischtar.
Als nun
der Himmelsstier nach Uruk gelangte,
[1 Vers
fehlt]
Stieg
er hinunter zum Euphratfluß,
Durch
das Schnauben des Himmelsstiers wurde eine Grube geöffnet:
Einhundert
Männer von Uruk fielen in sie hinein.
Durch
sein zweites Schnauben wurde eine Grube geöffnet:
Zweihundert
Männer von Uruk fielen in sie hinein.
Durch
sein drittes Schnauben wurde eine Grube geöffnet,
Und nun
fiel Enkidu bis zu seiner Hüfte in sie hinein.
Herauf
aus ihr sprang Enkidu, packte am Horn den Himmelsstier.
Der Himmelsstier
warf nach vorn den Geifer aus,
Mit des
Schweifes Dicke schleuderte er seinen Mist.
Enkidu
tat zum Reden den Mund auf
und sprach
zu Gilgamesch:
»Wir
rühmten uns, Freund, ...
Wie sollen
wir antworten ...?
Ich sah,
mein Freund, ...
[1 Vers
fehlt]
Ich will
ausreißen ...
Ich und
du, wir müssen uns teilen:
Packen
will ich den Stier am Schweif;
[2 Verse
fehlen]
Zwischen
Nacken, Hörnern und ... soll ihn treffen dein Schwert.«
Es jagte
Enkidu, zu greifen den Himmelsstier,
Da packte
er ihn am Schweife fest,
Enkidu
hält ihn mit beiden Händen,
Und Gilgamesch,
wie ein kundiger Schlachter,
Stark
und sicher trifft er den Himmelsstier,
Zwischen
Nacken, Hörnern und ... mit seinem Schwert ...
Da sie
getötet den Himmelsstier, sein Inneres ausgeweidet,
Legten
sie vor Schamasch ihn nieder.
Sie traten
zurück, voll Ehrfurcht vor Schamasch sich beugend
Dann
setzten sich beide Brüder. -
Auf stieg
Ischtar auf Uruk-Garts Mauer,
Sie sprang
auf ..., stieß ein Wehgeschrei aus:
»Weh
über Gilgamesch, der mich beschmäht hat!
Den Himmelsstier
erschlug er!«
Da Enkidu
diese Rede der Ischtar hörte,
riß
er des Himmelsstiers Keule aus und warf sie ihr hin:
»Kriegte
ich dich, auch dir tät' ich wie diesem!
Sein
Geweide hängt' ich an deinen Arm!«
Es scharte
Ischtar die Dirnen um sich,
die Huren
und Priesterinnen:
Über
der Keule des Himmelsstiers hebt sie ein Klagen an.
Aber
Gilgamesch rief die Meister, alle die Waffenschmiede,
Es rühmten
die Meisterssöhne der Hörner Umfang.
Aus dreißig
Pfund Lasurrstein sind sie gebildet,
Zwei
Zoll beträgt ihrer Schalen Dicke. -
Sechs
Kor[= 1'500 L] Öl, den Inhalt der beiden,
Schenkt'
er als Salbe seinem Schutzgott Lugalbanda
Erhängte
sie hinein ins Schlafgemach des Hausherren.
Im Euphrat
wuschen sie sich die Hände,
Sie faßten
einander und zogen dahin,
Fahrend
auf der Straße von Uruk.
Sie zu
schauen, scharen sich Uruks Leute.
Gilgamesch
spricht zu den Dienerinnen seines Palastes die Worte:
»Wer
ist der herrlichste unter den Mannen?
Wer ist
der gewaltigste unter den Helden?
Gilgamesch
ist der herrlichste unter den Mannen!
Gilgamesch
ist der gewaltigste unter den Helden!
Sie,
der wir des Himmelsstiers Keule hinwarfen in unserem Grimm,
Ischtar
... hat auf der Straße niemand, der ihr Herz erfreut!
...!«
Gilgamesch
hat in seinem Palast ein Freudenfest gefeiert -
Nun schlafen
die Mannen, auf dem Nachtlager ruhend
Auch
Enkidu schläft und sieht einen Traum.
Da fuhr
Enkidu auf, erzählt den Traum,
Und spricht
zu seinem Freunde:
Siebte Tafel
Mein Freund, weshalb
nur ratschlagen die großen Götter?
[Stück aus der hethitischen
Fassung]
Vernimm, welch einen Traum
heute nacht ich gesehen:
Anu, Enlil, Ea und der himmlische
Schamasch
Hielten Rat zu Enlil sprach
Anu:
"Dafür, daß
sie getötet den Himmelsstier,
Auch den Chumbaba getötet
haben,
Soll", sprach Anu,
"von ihnen sterben
Der, der den Bergen die
Zeder entrissen!"
Enlil aber sprach: "Enkidu
soll sterben,
Gilgamesch aber soll
nicht sterben."
Nun widersprach der himmlische
Schamasch dem Helden Enlil:
"Haben sie nicht auf mein Geheiß
den Himmelsstier und Chumbaba
getötet?
Und nun soll Enkidu unschuldig
sterben?"
Aber Enlil erzürnte
sich gegen den himmlischen Schamasch:
"Weil du täglich zu
ihnen wie ihresgleichen hinabgingst!"
Enkidu lag (krank) darnieder
vor Gilgamesch.
Dem brachen da die Tränen
in Strömen hervor:
»Bruder, lieber Bruder!
warum sprechen sie mich frei anstatt meines Bruders?«
Sodann: »Werd ich
mich nun zu einem Totengeist
setzen müssen, zur
Totengeisttür?
Meinen lieben Bruder nimmermehr
sehen mit meinen Augen?«
[Lücke]
[jüngere Fassung]
Enkidu hob die Augen auf,
Mit der Türe spricht
er als wie mit einem Menschen:
»Du Türe aus
dem Forst, du unvernünftige...:
Ohne den Verstand, der nicht
vorhanden ist, ...
Auf zwanzig Doppelstunden
ersah ich das gute Holz für dich!
Bis daß ich die hohe
Zeder gesehen . .
War dein Holz ohnegleichen
in meinen Augen.
Sechsmal zwölf Ellen
beträgt deine Höhe,
Zweimal zwölf Ellen
beträgt deine Breite
Türstange, Polschuh
und Stangenknopf bei dir sind
Ich zimmerte dich, ich hob
dich auf, in Nippur.
Hätt' ich, o Türe,
gewußt, daß dies deine Schönheit,
Und dies deines Holzes Schönheit
war,
Erhoben hätt' ich ein
Beil, es gehandhabt,
Fügen lassen ein Floß
[ca. 12 Verse fehlen]
Doch jetzt, o Türe:
Ich zimmerte dich, ich hob dich auf, ... Nippur.
Entweder mag ein König,
der nach mir aufkommt, dich, 'wecken',
Oder mag der Gott ... dich
...
Er mag meinen Namen beseitigen
und seinen Namen einsetzen!«
Er riß aus..., warf...
hin.
Auf seine Worte hört'
er hin, eilends gar früh... te er ihn.
Gilgamesch hört hin
auf die Worte seines Freundes Enkidu, und es fließen seine Tränen.
Gilgamesch tat zum Reden
den Mund auf, sagt und spricht zu Enkidu:
»Es schenkte dir der Gott
... ein weites Herz, zuverlässige Rede
Er gab dir, Vernunft zu
haben, und doch gar Seltsames redest du!
Warum, mein Freund, sprach
dein Herz so seltsame Dinge?
Der Traum war doch sehr
kostbar, des Schreckens aber auch viel!
[ein Vers fehlt]
...waren viel, der Traum
war kostbar:
Dem Lebenden überließen
die Götter das Klagen!
Der Traum überließ
dem Überlebenden die Klage!
Ich will beten und die großen
Götter anflehen!
Ich will stets ... suchen,
zu deinem Gott beten!
... Enlil, Vater der Götter,
...
[ein Vers fehlt]
Aus Gold in unendlicher Menge
will ich dein Bildnis fertigen!
... bekümmere dich
nicht! Das Gold ...
Was Enlil sagte, ist nicht
wie ...
Was er sagte, ging nicht
zurück, nicht ...
Was er... legte, ging nicht
zurück, nicht ...
Mein Freund, ...
Die ... der Geschicke gehen
zu den Menschen!
Kaum, daß ein Schimmer
des Morgens graute,
Erhob Enkidu sein Haupt
und weint vor Schamasch,
Vor dem Glanz des Schamasch
fließen seine Tränen.
Ich rief dich an,
Schamasch, wegen meines kostbaren Lebens,
Ich wandte mich an dich,
Schamasch, wegen des Jägers, des gewalttätigen Menschen,
Der mir nicht Gleiches zukommen
ließ wie meinem Gefährten.
Der Jäger erreiche
nicht, was seinen Gefährten zuteil ward!
Vernichte seinen Gewinn,
mindere seine Kräfte!
Daß man ihn fortrage,
sei sein Anteil vor dir!
In... soll er nicht eintreten
können, durch die Fenster hinausgehen müssen!«
Als er den Jäger verflucht
hatte nach Herzenslust,
Trieb es ihn, auch die Dirne
zu verfluchen.
»Wohlan, Dirne, die
Geschicke will ich dir bestimmen,
Ein Schicksal, das kein
Ende nimmt für der Ewigkeit Dauer!
Ich will dich verwünschen
mit großer Verwünschung,
Eilends früh stehe
auf meine Verwünschung wider dich!
Nicht sollst du einrichten
dürfen ein Haus, in dem du Frau bist,
Auf daß du nicht lieben
kannst ein Kind deines Leibes!
Nicht sollst du wohnen im...
der Mädchen!
Deinen guten Schoß
soll . . . schwängern!
Dein Festgewand soll der
Trunkene mit Gespei besudeln!
[ein Vers fehlt]
Als ... bleibe dir nur der
Lehmklumpen des Töpfers!
Vom glänzenden Alabastron
sollst du nichts bekommen!
..., das den Menschen Fülle
bringt, soll in deinem Hause nicht aufbewahrt werden!
Als Frauenlager diene dir
der Türdurchgang!
Der Kreuzweg sei dein Wohnsitz,
Wüste Gegenden dein
Lager!
Der Schatten der Mauer sei
dein Aufenthalt,
Stachelkraut und Dornen
sollen deine Füße wund stechen!
Auf die Backe soll der Trunkne
dich und der Durstige schlagen!«
Auf deiner Reise soll der
Löwe gegen dich brüllen!
Deine Wand soll der Baumeister
nicht verputzen!
... niste das Käuzchen,
... kein Gastmahl finde
statt!
[fünf Verse fehlen]
... weil du gegen mich gepißt
hast!«
Da Schamasch die Rede seines
Mundes hörte,
Rief er alsbald ihn vom
Himmel aus an:
»Warum, Enkidu, verfluchst
du die Dirne, die Priesterin?
Die dich götterwürdige
Speisen essen ließ,
Mit feinstem Bier, wie es
Königen ansteht, dich tränkte?
Mit vornehmer Kleidung dich
kleidete,
Und Gilgamesch dir, den
herrlichen, als Gesellen zu eigen gab?
Jetzt, Freund, ist Gilgamesch
gar dein leiblicher Bruder!
Er läßt dich
ruhen auf vornehmem Lager,
Ja, auf einem Ehrenlager
dich ruhen,
Auf einem Sitz des Friedens,
einem Sitz zur Linken läßt er dich hinsitzen,
Daß die Herrscher
der Erde die Füße dir küssen.
Weinen läßt er
um dich die Leute von Uruk und klagen,
Wohlgestellte Leute erfüllt
er mit Gram um dich
Er selbst läßt,
bleibt er nach dir, schmutzbedeckt seinen Leib,
Tut eine Löwenhaut
an und läuft in die Steppe.«
Da Enkidu Schamaschs,
des Helden, Rede vernommen,
Ward alsbald sein zorniges
Herz besänftigt.
»Wohlan, Dirne, die
Geschicke will ich dir bestimmen,
Mein Mund, der dich eben
verfluchte, soll nun dich segnen!
Statthalter und Fürsten
sollen dich lieben
Wer eine Doppelstunde ging,
soll den Schenkel sich schlagen,
Wer zwei Doppelstunden ging,
soll sein Haupthaar schütteln!
Nicht versage sich dir der
Hauptmann, er löse für dich seinen Gürtel,
Er gebe dir Obsidian, Lasurstein
und Gold!
Einen Scheibchenring lege
er an an deine Ohren!
Für. .. sind gefüllt
seine Kohlebecken, seine Vorräte eingebracht.
In das ... der Götter
soll er dich hineinbringen,
Die Gattin, die Mutter von
sieben Kindern,
Soll deinethalben verlassen
werden!«
Enkidu grämte sich ab
in seinem Gemüt,
während er so lange
einsam dalag.
Wie es ihm zumute war, sagte
er dem Freund und sprach zu ihm:
»Mein Freund, ich
sah einen Traum heute nacht:
Der Himmel schrie, die Erde
gab Antwort.
Zwischen ihnen stand ich.
Da
erschien ein Mann mit düsterem Antlitz,
Dem
Anzû-Vogel
glich sein Antlitz,
Eine
Löwentatze war seine Tatze,
Adlerklauen
waren seine Klauen.
Er
packte mich an meinem Schopf und überwältigte mich.
Ich
schlug ihn, da sprang er auf und ab gleich
einem Springseil.
Er schlug mich und wie ein..,
drückte er mich hinunter.
Wie ein Wildstier trampelte
er mich nieder,
er umklammerte meinen ganzen
Leib.
'Rette mich, mein Freund'
(rief ich), aber du halfst mir nicht,
Du hattest Angst und ...
nicht ...
[4 Verse fehlen]
Da hat er mich ganz und gar
in eine Taube verwandelt,
daß mir die Arme
wie Vögeln befiedert sind.
Er faßt mich an, führt
mich zum Hause der Finsternis, der Wohnung Irkallas,
Zum Hause, das nicht verläßt,
der's betreten,
Zur Straße hin, deren
Bahn nicht umkehrt,
Zum Haus, darin wohnend
man des Lichts entraten muß,
Wo Erdstaub die Nahrung
ist, Lehm die Speise,
Man Flügelgewänder
trägt wie Vögel
Und Licht nicht sieht, im
Dunkeln sitzt.
Auf Tür und Riegel
liegt der Staub.
Wo ich eingetreten, im Hause
des Erdstaubs,
Liegen am Boden die Königsmützen,
Die Fürsten, die Träger
von Königsmützen,
Die seit der Vorzeit das
Land beherrschten,
Die Stellvertreter von Anu
und Enlil -
Sie tragen auf gebratenes
Fleisch,
Tragen Gebäck auf,
kredenzen aus Schläuchen kühles Wasser.
Wo ich eingetreten im Hause
des Erdstaubs,
wohnen Hohepriester und
Opferhelfer,
Wohnen Reinigungspriester,
Geweihte,
wohnen die gesalbten Priester
der großen Götter,
Wohnt Etana, wohnt Sumukan,
wohnt Ereschkigal, die Königin
der Erde:
Beletßêri, die
Schreiberin der Erde, kniet vor ihr,
sie hält eine Schreibtafelund liest ihr vor.
Sie wandte ihr Haupt und
erblickte mich -
Da nahm sie diesen ... hinweg.«
[50 Verse fehlen]
»Der mit mir durch
alle Beschwernisse zog,
Gedenke an alles, was ich
durchwanderte all die Jahre!
Mein Freund sah einen Traum,
der Ungutes weissagt.«
Der Tag, da den Traum er
sah, war zu Ende.
Da liegt nun Enkidu einen
Tag, einen zweiten Tag
Es sitzt der Tod in Enkidus
Schlafgemach.
Einen dritten Tag und einen
vierten Tag
Sitzt der Tod in Enkidus
Schlafgemach,
Einen fünften, sechsten
und siebenten,
Einen achten, neunten und
zehnten.
Enkidus Krankheit wird schlimmer
und schlimmer.
Einen elften und zwölften
Tag liegt er da, Enkidu liegt auf dem Lager des Todes.
Da rief er Gilgamesch und
sprach zu ihm:
»Mich hat, mein Freund,
verwünscht eine böse Verwünschung!
Nicht wie jemand mitten
im Streite fällt, sterb ich,
Mich schreckte die Schlacht,
so sterb ich ruhmlos.
Mein Freund, wer da fällt
in der Schlacht, ist glücklich,
Ich aber dulde Schmach im
Sterben.«
Achte Tafel
Kaum daß ein Schimmer
des Morgens graute,
Tat Gilgamesch den Mund
auf und sprach zu seinem Freund:
»Enkidu, mein Freund,
deine Mutter, die Gazelle,
Dein Vater, der Wildesel,
haben dich gezeugt.
Vier Wildesel mit ihrer
Milch haben dich aufgezogen,
Und das Getier zeigte dir
alle Weidestätten.
Die Wege Enkidus führten
bis zum Zedernwald,
Sie mögen weinen über
dich und nicht schweigen Tag und Nacht!
Weinen mögen über
dich die Ältesten des weiten Uruk-Gart,
Alles Volk, das betet nach
unserem Tode, weine über dich!
Weinen mögen über
dich die Männer der Berge, des Gebirges!
[Text im Folgenden (wo Auslassungspunkte)
ungewiss,
von schlecht erhaltenen,
fehlerhaft geschriebenen Schülertafeln]
... lege ich mich hin.
Klagen mögen die Fluren
wie deine Mutter!
Weinen möge über
dich der Wald, die Zypresse und die Zeder!
..., die wir verwüsteten
in, unserem Grimm!
Weinen möge über
dich Bär, Hyäne, Tiger, Wisent, Parder,
Löwe, Wildstier, Hirsch,
Steinbock, alles Getier des Feldes!
Weinen möge über
dich der heilige Ulai-Fluß, an dessen Ufer wir stolz einhergingen!
Weinen möge über
dich der reine Euphrat-Fluß,
An dem wir so oft opferten
(klares) Schlauchwasser!
Weinen mögen über
dich die Männer des weiten Uruk-Gart,
Die wir im Kampf sahen,
als wir den Himmelsstier töteten.
Weinen möge über
dich der Landmann wegen der Löwen,
Der im frohen Arbeitslied
deinen Namen erhob!
Weinen möge über
dich ... der weiten Stadt, der ...,
Der im ersten ... deinen
Namen erhob.
Weinen möge über
dich der Hirte, der...
Butter und Leichtbier recht
bereitete für deinen Mund.
Weinen möge über
dich ...
... trug auf auf deinen
.. die Butter.
Weinen möge über
dich
stellte hin feines Bier
für deinen Mund.
Weinen möge über
dich die Dirne ...
... mit Öl salbtest
du dich, (und) es gefiel dir.
Weinen möge über
dich ...
Im Sippenhaus des Gatten
einen Ring gab man dir.
Weinen möge über
dich ...
Die Brüder mögen
weinen über dich wie Schwestern!
Deine ... seien Klagepriester.
.
Ausgerauft seien ihre Haare
über dir!
... Enkidu, deine Mutter
und dein Vater sind in ihrer Steppe,
Ich weine über dich
...
Hört mich, ihr Ältesten
von Uruk, ihr Männer hört mich an!
Um Enkidu weine ich, um
meinen Freund,
Wie ein Klageweib bitterlich
klagend!
Du Axt an meiner Seite,
so verläßlich in meiner Hand!
Du Schwert an meinem Gurt,
du Schild, der vor mir ist!
Du mein Festgewand, du Gurt
für meine Kraftfülle!
Ein böser Dämon
stand auf und nahm ihn mir weg!
Mein Freund, du flüchtiger
Maulesel, Wildesel des Gebirges, Panther der Steppe!
Enkidu, mein Freund, du
flüchtiger Maulesel, Wildesel des Gebirges, Panther der Steppe!
Nachdem wir, alles gemeinsam
verrichtend, den Berg erstiegen,
Den Himmelsstier packten
und töteten,
Auch den Chumbaba umbrachten,
der da wohnte im Zedernwald -!
Was ist das nun für
ein Schlaf, der dich gepackt hat?
Du wurdest umdüstert
und hörst mich nicht mehr!«
Der aber schlägt die
Augen nicht auf,
und da er nach seinem Herzen
faßte, schlug es nicht mehr!
Nun, da er dem Freund gleich
einer Braut das Gesicht verhüllt hat,
springt er über ihm
umher wie ein Adler,
Wie eine Löwin, die
ihrer Jungen beraubt ist.
Er wendet sich immer wieder
vorwärts und rückwärts,
Rauft sich das gelockte
Haar, schüttet es zu Boden,
Reißt seine schönen
Kleider ab und wirft sie hin wie etwas Unberührbares.
Kaum daß ein Schimmer
des Morgens graute,
Ließ Gilgamesch über
das Land den Ruf ausgehen:
»Du Schmied, Edelsteinschleifer,
Kupferformer, Goldschmied, Ziseleur,
Bilde meinen Freund, schaffe
sein Bildnis!«
Da schuf der.., ein Bildnis
seines Freundes,
Von seinen Gliedmaßen
...
»... von Lasurstein
sei deine Brust, von Gold dein Leib!«
[ca. 25 Verse fehlen]
»Ich lasse dich ruhen
auf vornehmem Lager,
Ja auf einem Ehrenlager
dich ruhn,
Auf einem Sitz des Friedens,
einem Sitz zur Linken, lasse ich dich hinsetzen,
Daß die Herrscher
der Erde die Füße dir küssen.
Weinen laß ich um dich
die Leute von Uruk und klagen,
Wohlgestellte Leute erfüll
ich mit Gram um dich
Ich selbst laß schmutzbedeckt
meinen Leib nach dir,
Tu eine Löwenhaut um
und lauf in die Steppe.«
[137 Versen fehlen]
Kaum daß ein Schimmer
des Morgens graute,
Ließ er einen großen
Tisch von Elammakku hinaustun,
Von Karneol eine Schale
füllt' er mit Honig,
Von Lasurstein eine Schale
füllt' er mit Butter an.
Mit . . . stattete er aus
und ließ es den Schamasch sehen.
[Von der weggebrochenen Tafel
fehlen 30 bis 50 Verse]
Neunte Tafel
Gilgamesch - um Enkidu, seinen
Freund,
weint er bitterlich, läuft
herum in der Steppe:
»Werd ich nicht, sterbe
ich, ebenso sein wie Enkidu?
Harm hielt Einzug in meinem
Gemüte,
Todesfurcht überkam
mich, nun lauf ich herum in der Steppe
Zu Utnapischtim hin,
dem Sohn Ubara-Tutus,
Hab den Weg ich genommen,
zieh eilig dahin.
Zu den Pässen des Berges
gelangt' ich des Nachts.
Löwen sah ich und fürchtete
mich,
hob empor mein Haupt, betend
zu Sin,
An die Größte
unter den Göttern ergeht mein Flehn:
' ... laß heil mich
bleiben in dieser Gefahr!' «
Nachts schlief er ein von
einem Traum schreckt' er auf:
Ein ..., er freute sich
des Lebens.
Er nahm eine Axt an seine
Seite,
Zog das Schwert aus seinem
Gürtel.
Unter sie stürzte er
wie ein Pfeil,
Hieb auf sie drein und zerstreute
sie.
[32 Verse fehlen]
[Gilgamesch kommt zu einem
Berge:]
Des Berges Benennung ist
Mâschu.
Sowie er zum Berge Mâschu
gelangt war: -
Die täglich Auszug
und Einzug bewachen,
Über die nur die Himmelshalde
hinwegragt,
Denen unten die Brust an
den Höllengrund stößt -
Skorpionmenschen halten
am Bergtor Wacht,
Deren Furchtbarkeit ungeheuer
ist, deren Anblick Tod ist,
Deren großer Schreckensglanz
Berge überhüllt,
Die beim Auszug und Einzug
der Sonne die Sonne bewachen -
Da Gilgamesch diese sah,
überdeckte er mit Furchtbarkeit und Schreckensglanz sein Angesicht.
Er faßte sich und
neigte sich vor ihnen.
Der Skorpionmensch ruft seinem
Weibe zu:
»Der zu uns da gekommen
- sein Leib ist Götterfleisch!«
Das Weib des Skorpionmenschen
antwortet ihm:
»Zwei Teile sind
Gott an ihm - Mensch ist sein dritter Teil!«
Der Skorpionmensch, das Mannsbild,
ruft,
Zum Sprößling
der Götter sagt er die Worte:
»Weshalb zogst du
so fernen Weges,
Kamst du hierher, bis vor
mich hin,
Quertest du mühsam
zu querende Ströme?
Gerne wüßt' ich,
worum es dir geht.«
[28 Versen fehlen]
[Gilgamesch antwortet:]
»Um Utnapischtims,
meines Ahnen willen...!
Der trat in die Götterschar,
bekam geschenkt das Leben -
Nach Tod und Leben will
ich ihn fragen!«
Der Skorpionmensch tat den
Mund auf
und sprach zu Gilgamesch:
»Nicht gab es,
Gilgamesch, Menschen, die's konnten!
Des Berges Inneres hat
niemand durchschritten,
auf zwölf Doppelstunden
ist finster sein Inneres!
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da!
Zum Sonnenaufgang lenkt
sich der Weg,
Zum Sonnenuntergang ...
[69 Versen fehlen]
Unter Klagen ...
In Nässe und Sonnenglut
...
Unter Seufzen-...
Jetzt . . . «
Der Skorpionmensch tat den
Mund auf,
Zu Gilgamesch sprach er
die Worte:
»Zieh hin, Gilgamesch,
fürchte dich nicht!
Die Berge von Mâschu
geb ich dir frei,
Die Berge, die Gebirge durchschreite
getrost!
Heil mögen heim deine
Füße dich bringen!«;
[1 Vers fehlt]
Kaum hatte Gilgamesch dies
vernommen,
Als des Skorpionmenschen
Wort er befolgte,
Auf dem Wege des Schamasch
trat er ins Bergtor ein.
Als er eine Doppelstunde
weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt
zu sehen, was hinten liegt.
Als er zwei Doppelstunden
weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt
zu sehen, was hinten liegt.
Als er drei Doppelstunden
weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt
zu sehen, was hinten liegt.
Als er vier Doppelstunden
weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt
zu sehen, was hinten liegt.
Als er fünf Doppelstunden
weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt
zu sehen, was hinten liegt.
Als er sechs Doppelstunden
weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt
zu sehen, was hinten liegt.
Als er sieben Doppelstunden
weit gedrungen:
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt
zu sehen, was hinten liegt.
Als er acht Doppelstunden
weit gedrungen, schreit er auf:
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt
zu sehen, was hinten liegt.
Als er neun Doppelstunden
weit gedrungen, spürt er den Nordwind,
... es lächelt sein
Antlitz.
Dicht ist die Finsternis,
kein Licht ist da,
Nicht ist ihm vergönnt
zu sehen, was hinten liegt.
Als er zehn Doppelstunden
weit gedrungen,
Da ist nahe der Ausgang
...
[1 Vers fehlt]
Als er elf Doppelstunden weit
gedrungen, kommt er heraus vor Sonnenaufgang.
Als er zwölf Doppelstunden
weit gedrungen, herrscht die Helle.
Er strebt, die Edelsteinbäume
zu sehen:
Der Karneol, er trägt
seine Frucht,
Eine Traube hängt dran,
zum Anschauen geputzt.
Der Lasurstein trägt
Laubwerk,
Auch trägt er Frucht,
lustig anzusehn.
Zehnte Tafel
Der Schenkin Siduri, die
da wohnt in des Meeres Abgeschiedenheit,
Sie wohnt und ...
Hat man gemacht einen Krug,
gemacht einen goldenen Maischbottich,
Mit Hüllen ist sie
umhüllt...
Gilgamesch ward umhergetrieben
und kam daher.
Mit einem Felle ist er bekleidet
...,
Götterfleisch hat er
...,
Harm ist da in seinem Gemüte,
Einem Wanderer ferner Wege
gleicht sein Antlitz.
Die Schenkin schaut in die
Ferne aus,
Mit ihrem Herzen sich beredend,
sagte sie die Worte,
Ja, mit sich selber ging
sie zu Rate:
»Vielleicht ist dieser
ein Mörder...
Irgendwohin geht er ...!«
Da die Schenkin ihn gesehen,
riegelte sie die Türe zu,
Ihr Tor riegelte sie zu,
riegelte zu den Riegel.
Er aber, Gilgamesch, hatte
acht auf ihre Stimme,
Hob empor sein Kinn, richtete
den Blick auf sie
Gilgamesch sprach zu ihr,
zur Schenkin:
»Schenkin, was sahst
du, daß deine Türe du verriegeltest?
Dein Tor verriegeltest,
verriegeltest den Riegel?
Die Türe zerschlag
ich, zerbreche den Riegel!«
[Das Folgende stammt aus
einer altbabylonischen Tafel]
»In ihre Felle kleidet er sich, ißt rohes Fleisch,
In die Brunnen, Gilgamesch, die nie zuvor vorhanden waren,
Wird, wenn du es sagst, mein Wind das Wasser treiben!«
Schamasch betrübte sich, machte sich auf zu ihm
uUnd sprach zu Gilgamesch:
«Gilgamesch, wohin läufst du?
Das Leben, das du suchst, wirst du sicher nicht finden!«
Gilgamesch sprach zu ihm, zu Schamasch, dem Helden:
»Ward seit dem Laufen und Rennen über die Steppe hin
auf der Erde des Ausruhens viel?
Und doch schlief ich alle die Jahre!
Möge mein Auge die Sonne erblicken, ich am Licht mich ersättigen!
Ist die Finsternis fern, wieviel Helligkeit ist da?
Wann könnte ein Toter den Sonnenglanz sehen?«
[ zurück zum jüngeren
Epos:]
Gilgamesch sprach zu ihr, zur Schenkin:
»Ich packte den Stier,
der vom Himmel herabkam, erschlug ihn
Ich habe den Wächter
des Forstes erschlagen,
Chumbaba umgebracht, der
im Zedernwald wohnt,
In den Pässen der Berge
Löwen getötet.«
Die Schenkin sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Wenn du Gilgamesch
bist, so den Wächter erschlagen,
Chumbaba umgebracht, der
im Zedernwald wohnt,
In den Pässen der Berge
Löwen getötet,
Gepackt und erschlagen den
Stier, der vom Himmel herabkam -
Warum sind denn abgezehrt
deine Wangen, gebeugt dein Antlitz,
Ist unfroh dein Herz, verlebt
deine Züge,
Ist Harm in deinem Gemüte
da,
Gleicht einem Wanderer ferner
Wege dein Antlitz,
Ist von Nässe und Sonnenglut
dein Antlitz versengt,
... und läufst in die
Steppe?«
Gilgamesch sprach zu ihr,
zur Schenkin:
»Mein Freund, den
ich über die Maßen liebte,
Der mit mir durch alle Beschwernisse
zog
Enkidu, den ich über
die Maßen liebte,
Der mit mir durch alle Beschwernisse
zog -
Er ging dahin zur Bestimmung
der Menschheit.
Um ihn hab ich Tag und Nacht
geweint,
Ich gab nicht zu, daß
man ihn begrübe -
Ob mein Freund nicht doch
aufstünde von meinem Geschrei -
Sechs Tage und sieben Nächte,
Bis daß der Wurm sein
Gesicht befiel.
Seit er dahin ist, fand
ich das Leben nicht,
Strich umher wie ein Räuber
inmitten der Steppe.
Nun, Schenkin, hab ich dein
Antlitz erblickt -
möchte ich den Tod,
den ich so fürchte, nicht ersehen!«
Die Schenkin sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Gilgamesch, wohin
läufst du?
Das Leben, das du suchst,
wirst du sicher nicht finden!
Als die Götter die
Menschheit erschufen,
Teilten den Tod sie der
Menschheit zu,
Nahmen das Leben für
sich in die Hand.
Du, Gilgamesch - dein Bauch
sei voll,
Ergötzen magst du dich
Tag und Nacht!
Feiere täglich ein
Freudenfest!
Tanz und spiel bei Tag und
Nacht!
Deine Kleidung sei rein,
gewaschen dein Haupt,
Mit Wasser sollst du gebadet
sein!
Schau den Kleinen an deiner
Hand,
Die Gattin freu' sich auf
deinem Schoß!
Solcher Art ist das Werk
der Menschen!«
[einige Verse fehlen]
Gilgamesch sprach zu ihr,
zur Schenkin:
»Nun, Schenkin, wie
ist der Weg zu Utnapischtim?
Was ist sein Merkmal? Gib
mir, ja gib mir sein Merkmal!
Wenn's möglich ist,
will ich das Meer überqueren,
Wenn's unmöglich ist,
durch die Steppe laufen!«;
[entsprechend sind altbabylonischen Verse:]
»Was, meine Schenkin, sagst du ...?
Um meinen Freund ist mein Herz bekümmert gar sehr!
Was, meine Schenkin, sagst du ...?
Um Enkidu ist mein Herz bekümmert gar sehr.
Du wohnst, meine Schenkin, am Gestade des Meeres,
Daher weißt du Bescheid, dein Herz umfaßt alles.
Wohin ich gehen soll, weise mir...!
Wenn es möglich ist, will ich das Meer überschreiten!«
Die Schenkin sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Nicht gab es, Gilgamesch,
je eine Übergangsstelle,
Und niemand, der seit vergangenen
Zeiten herkommt, geht übers Meer.
Meerüberschreiter ist
nur Schamasch, der Held
Wer geht außer Schamasch
hinüber?
Mühe schafft der Ubergangsort,
mühselig ist der Weg dahin,
Und dazwischen liegt
das Gewässer des Todes, das unzugänglich ist!
Irgendwo einmal, Gilgamesch,
überschrittest du das Meer.
Kommst du aber zum Wasser
des Todes - was willst du tun?
Gilgamesch, da ist Urschanabi,
Utnapischtims Schiffer!
Dem gehören die Steinernen drinnen im Walde sammelt er Warane.
Geh hin, daß er dein
Angesicht schaue!
Wenn's möglich ist,
fahr über mit ihm,
Wenn's nicht möglich
ist, weiche hinter dich!«
Kaum hatte Gilgamesch dies
gehört,
Da nahm er die Axt auf in
seine Hand.
Zückte das Schwert
an seiner Seite,
Schlüpfte hinein, stieg
hinab zu ihnen,
Unter sie stürzte er
wie ein Pfeil,
Inmitten des Waldes läßt
er die Stimme erdröhnen,
Es sah ihn Urschanabi, den
helläugigen ..., den Mann.
Er hörte die Axt, lief
hinzu und ...
Dann schlug er den Kopf
des ...
Packte seine Hand und ...
Und die Steinernen hielt
er zurück ...
[2 Verse fehlen]
In seinem Zorne« zerschmetterte
er sie.
Er kehrte um, zu ihm hinzutreten,
Urschanabi sieht in seine
Augen.
Urschanabi sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Wer du mit Namen
seist, sage mir!
Ich bin Urschanabi, im Dienst
des fernen Utnapischtim.«
Gilgamesch sprach zu ihm,
zu Urschanabi:
»Gilgamesch ist mein
Name,
Der ich gekommen aus Uruk,
dem Hause des Anu,
Der ich umherging in den
Bergen,
Einen fernen Weg, den Pfad
des Schamasch.
Nun, Urschanabi, hab ich
dein Antlitz erblickt
Zeig mir den fernen Utnapischtim!«
Urschanabi sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
[bis zu 5 Verse fehlen]
»Wenn ich dir zeigen
soll den fernen Utmapischtim,
Mußt du mit mir das
Schiff besteigen,
Zu dem, der..., will ich
dich hinbringen.«
Gemeinsam beraten die beiden Gilgamesch sagt ein Wort
zu diesem.
[Durch die jüngere Fassung eingefügt:]
»Warum sind abgezehrt deine Wangen, gebeugt dein Antlitz,
Ist unfroh dein Herz, verlebt deine Züge,
Ist Harm in deinem Gemüte da,
Gleicht einem Wanderer ferner Wege dein Antlitz,
Ist von Nässe und Sonnenglut dein Antlitz versengt,
...und läufst in die Steppe?«
Gilgamesch sprach zu ihm, zum Schiffer Urschanabi:
»Urschanabi, sollen meine Wangen nicht abgezehrt sein, nicht gebeugt
mein Anlitz?
Nicht unfroh mein Herz sein, nicht verlebt meine Züge,
Nicht Harm in meinem Gemüte sein,
Nicht gleichen einem Wanderer ferner Wege mein Antlitz,
Nicht von Nässe und Sonnenglut mein Antlitz versengt sein,
..., ich nicht in die Steppe laufen?
Mein Freund, der flüchtige Maulesel, der Wildesel des Gebirges, der
Panther der Steppe!
Enkidu, mein Freund, der flüchtige Maulesel, der Wildesel des Gebirges,
der Panther der Steppe!
Nachdem wir, alles gemeinsam verrichtend, den Berg erstiegen,
Die Stadt ... einnahmen, den Himmelsstier töteten,
Auch den Chumbaba umbrachten, der da wohnte im Zedernwald,
In den Pässen der Berge Löwen töteten -
Mein Freund, den ich über die Maßen geliebt,
Der mit mir durch alle Beschwernisse zog,
Enkidu, mein Freund, den ich über die Maßen geliebt,
Der mit mir durch alle Beschwernisse zog,
Es hat ihn ereilt die Bestimmung der Menschheit.
Um ihn weint' ich sechs Tage und sieben Nächte,
Ich gab nicht zu, daß man ihn begrübe,
Bis daß der Wurm sein Gesicht befiel.
Mir graute vor meines Freundes Aussehn,
Ich erschrak vor dem Tod, daß ich lief in die Steppe!
Meines Freundes Sache lastet auf mir,
Daß ich lief einen fernen Pfad in die Steppe!
Enkidus, meines Freundes, Sache lastet auf mir,
Daß ich lief einen fernen Weg in die Steppe!
Ach, wie soll ich stumm bleiben? Ach, wie schweigen?
Mein Freund, den ich liebte, ist zu Erde geworden!
Enkidu, mein Freund, den ich liebte, ist zu Erde geworden!
Werd ich nicht auch wie er mich betten
Und
nicht aufstehn in der Dauer der Ewigkeit?«
Gilgamesch sprach zu ihm, zum Schiffer Urschanabi:
»Nun, Urschanabi, wie ist der Weg zu Utnapischtim?
Was ist sein Merkmal? Gib mir, ja gib mir sein Merkmal,
Wenn's möglich ist, will ich das Meer überqueren,
Wenn's unmöglich ist, durch die Steppe laufen!«
Urschanabi sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Die Steinernen, Gilgamesch,
waren es, welche mich hinüberbringen,
Auf daß ich nicht
berühre die Wasser des Todes.
Deine Hände, Gilgamesch,
hemmten die Überfahrt!
Du zerschlugst die Steinernen,
rissest aus ihre Ketten
.
Nun, wo die Steinernen zerschlagen,
ihre Ketten herausgerissen sind,
Nimm die Axt auf, Gilgamesch,
in deine Hand!
Wohlan, geh wieder zum Wald
hinab,
Hundertzwanzig Stangen zu
fünfmal zwölf Ellen schneide dir zu,
Schäle sie, und bring
Ruderblätter an! Die magst du mir bringen.«
Kaum hatte Gilgamesch dieses
gehört,
Da nahm er die Axt auf,
in seine Hand, ...
Wieder ging er zum Wald
hinab,
Hundertzwanzig Stangen schnitt
er sich zu zu fünfmal zwölf Ellen,
Schälte sie und brachte
Ruderblätter an
Und brachte sie hin zu Urschanabi.
Gilgamesch und Urschanabi
bestiegen das Schiff,
Setzten das Schiff ein,
und sie fuhren dahin.
Ein Weg von einem Monat
und fünfzehn Tagen
war am dritten Tage ganz
zurückgelegt,
So gelangte Urschanabi zum
Wasser des Todes.
( Diese
Darstellung stammt aus der Eddaauch dort wird von einer Fahrt berichtet
...)
Urschanabi sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Halte dich zurück,
Gilgamesch, nimm eine Stange!
Über die Wasser des
Todes darf deine Hand nicht hinwegfahren, ...
Eine zweite Stange, Gilgamesch,
nimm, eine dritte und vierte!
Eine fünfte Stange,
Gilgamesch, nimm, eine sechste und siebte!
Eine achte Stange, Gilgamesch,
nimm, eine neunte und zehnte!
Eine elfte Stange, Gilgamesch,
nimm, eine zwölfte!«
Mit zweimal sechzig'
hatte Gilgamesch die Stangen verbraucht.
Er indes löste seinen
Gürtel ...,
Gilgamesch riß sich
die Kleidung vom Leibe,
Mit den Händen befestigt'
er sie am Mast ...
Utnapischtim schaut
in die Ferne aus,
Mit seinem Herzen sich beredend,
sagt er die Worte,
Ja, mit sich selber geht
er zu Rate:
»Weshalb sind des
Schiffes Steinerne zerschlagen,
Und fährt wer im Schiff,
der kein Recht darauf hat?
Der da gekommen, der Mensch,
ist doch keiner der Meinen?
[3 Verse fehlen]
Was begehrt wohl sein Herz
von mir?«
[20 Verse fehlen]
Utnapischtim sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Warum sind abgezehrt
deine Wangen, gebeugt dein Antlitz,
Ist unfroh dein Herz, verlebt
deine Züge,
Ist Harm in deinem Gemüte
da,
Gleicht einem Wanderer ferner
Wege dein Antlitz,
Istvon Nässe und Sonnenglut
dein Antlitz versengt,
... und läufst in die
Steppe?«
Gilgamesch sprach zu ihm,
zu Utnapischtim:
»Utnapischtim, sollen
meine Wangen nicht abgezehrt sein, nicht gebeugt mein Antlitz?
Nicht unfroh mein Herz sein,
nicht verlebt meine Züge,
Nicht Harm in meinem Gemüte
sein,
Nicht gleichen einem Wanderer
ferner Wege mein Antlitz,
Nicht von Nässe und
Sonnenglut mein Antlitz versengt sein,
..., ich nicht in die Steppe
laufen?
Mein Freund, der flüchtige
Maulesel, der Wildesel des Gebirges, der Panther der Steppe!
Enkidu, mein Freund, der
flüchtige Maulesel, der Wildesel des Gebirges, der Panther der Steppe!
Nachdem wir, alles gemeinsam
verrichtend, den Berg erstiegen,
Die Stadt ... einnahmen,
den Himmelsstier töteten,
Auch den Chumbaba umbrachten,
der da wohnte im Zedernwald,
In den Pässen der Berge
Löwen töteten!
Mein Freund, den ich über
die Maßen geliebt,
Der mit mir durch alle Beschwernisse
zog,
Enkidu, mein Freund, den
ich über die Maßen geliebt,
Der mit mir durch alle Beschwernisse
zog -
Es hat ihn ereilt die Bestimmung
des Menschen.
Um ihn weint' ich sechs Tage
und sieben Nächte,
Ich gab nicht zu, daß
man ihn begrübe,
Bis daß der Wurm sein
Gesicht befiel.
Mir graute vor meines Freundes
Aussehn,
Ich erschrak vor dem Tod,
daß ich lief in die Steppe!
Meines Freundes Sache lastet
auf mir,
Daß ich lief einen
fernen Pfad in die Steppe!
Enkidus, meines Freundes,
Sache lastet auf mir,
Daß ich lief einen
fernen Weg in die Steppe!
Ach, wie soll ich stumm bleiben?
Ach, wie schweigen?
Mein Freund, den ich liebte,
ist zu Erde geworden!
Enkidu, mein Freund, den
ich liebte, ist zu Erde geworden!
Werd ich nicht auch wie
er mich betten
Und nicht aufstehn in der
Dauer der Ewigkeit?«
Gilgamesch sprach zu ihm,
zu Utnapischtim:
»Auf daß
ich käme zu Utnapischtim,
Den sie den Fernen nennen,
sehen möge -
Durchirrte ich wandernd
all die Lande,
Überschritt ich viele
beschwerliche Berge,
Fuhr ich hin über alle
die Meere,
Erlabte sich mein Antlitz
nicht an süßem Schlummer,
Kränkte ich durch Nicht-Schlafen
mich selber,
Erfüllte ich meine
Adern mit Harmdoch was gewann ich zum Leben?
Da zum Haus der Schenkin
ich noch nicht gelangt war,
War meine Kleidung
schon abgenützt.
Ich tötete Bär,
Hyäne, Löwe, Panther, Tiger,
Hirsch, Steinbock, das Wild
und der Steppe Getier
Ich aß ihr Fleisch,
zog an ihre Felle.
Verriegeln möge man
endlich das Tor zur Wehklage
Mit Pech und Asphalt soll
man es verschließen!
Weil mich mit Freudenspiel
nicht ...,
Reißt mich Armen ab
... «
Utmapischrim sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Warum, Gilgamesch,
vermehrst du die Klage,
Der du aus Fleisch der Götter
und Menschen herrlich gestaltet bist,
Der wie dein Vater und deine
Mutter... tat?
Wurdest du irgendwann, Gilgamesch,
einem Tölpel ...?
Einen Thron in der Versammlung
stellen sie hin, ...
Dem Tölpel jedoch wurde
Biersatz statt Butter gegeben,
Kleie und altes Mehl, das
wie ... ist.
Angetan ist er nur mit einer
Leibbinde statt ...
Und ihn statt eines Gürtels
...
Weil er nicht ... hat ...,
Ein Wort des Rates nicht
annimmt ...
Kümmere dich um ihn,
Gilgamesch, ...
[3 Verse fehlen]
Eine Mondfinsternis ...
Wach sind die Götter
...
Sind ruhelos bemüht
...
Seit jeher ist vorhanden
...
Du bemüh dich und ...!
Deine Hilfe gewähre
...
[5 Verse fehlen]
...nahmen sie zu seinem Schicksal.
Du wurdest nun schlaflos,
doch was hattest du davon?
Da du nicht schläfst,
seufzt du ...
Deine Adern füllst
du mit Harm ...
Deine Tage, die schon ferngerückt
waren, bringst du dir wieder heran.
Die Menschen, deren Nachkommen
wie Rohr abgeknickt sind,
Den guten Mann, das gute
Mädchen
... nimmt weg der Tod.
Möchte da etwa jemand
den Tod sehen, jemand des Todes Angesicht,
Jemand des Todes Ruf hören?
Und doch ist es der grimme
Tod, der die Menschen abknickt!
Irgendwann errichten wir
ein Haus!
Irgendwann siegeln wir ein
Testament!
Irgendwann teilen die Brüder!
Irgendwann herrscht Haß
im Lande!
Irgendwann führte das
Hochwasser des angeschwollenen Flusses (etwas) davon,
Libellen treiben flußab!
Ein Antlitz, das in die
Sonne sehen könnte,
Gibt es seit jeher nicht.
Der Verschleppte und der
Tote, wie gleichen sie einander!
Das Bild des Todes zeichnen
sie nicht!
Ja, du Mensch, Mann!
Seit Enlil segnete,
Sind die Anunnaki, die
großen Götter, versammelt,
Mammetum, des Schicksals
Erzeugerin,
Bestimmt mit ihnen die
Schicksale
Sie haben Tod oder Leben
zugeteilt,
Des Todes Tage aber nicht
bekannt gemacht. «
Elfte Tafel
Gilgamesch sprach zu ihm,
zum fernen Utnapischtim:
»Schau ich auf dich,
Utnapischtim,
So sind deine Maße
nicht anders - wie ich bist du,
Ja, du bist nicht anders
- wie ich bist du!
Mein Herz ist ganz darauf
gerichtet, mit dir zu kämpfen,
Und doch ist mein Arm untätig
gegen dich!
Daher sage mir: wie tratst
du in die Schar der Götter und gingst dem Leben nach?«
Utnapischtim sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Ein Verborgenes, Gilgamesch,
will ich dir eröffnen,
Und der Götter Geheimnis
will ich dir sagen.
Schuruppak - eine Stadt,
die du kennst,
Die am Ufer des Euphrat
liegt -,
Diese Stadt war schon alt,
und die Götter waren ihr nah.
Eine Sintflut zu machen,
entbrannte das Herz den großen Göttern.
Den Eid leistete ihr Vater
Anu,
Enlil, der Held, der sie
berät,
Ihr Minister Ninurta, ihr
Deichgraf Ennugi.
Ninschiku-Ea hatte mit ihnen
geschworen
Ihre Rede jedoch gab er
einem Rohrhaus wieder:
'Rohrhaus, Rohrhaus! Wand, Wand!
Rohrhaus, höre, Wand, begreife!
Mann von Schuruppak, Sohn Ubara-Tutus!
Reiß ab das Haus, erbau ein Schiff,
Laß fahren Reichtum, dem Leben jag nach!
Besitz gib auf, dafür erhalt das Leben!
Heb hinein allerlei beseelten Samen ins Schiff!
Das Schiff, welches du erbauen sollst -
Dessen Maße sollen abgemessen sein,
Gleichgemessen seien ihm Breite und Länge
Du sollst es wie das Apsû bedachen.'
Da ich's verstanden, sprach
ich zu Ea, meinem Herrn:
'Das Geheiß, Herr, das du mir gegeben,
Ich achtete wohl darauf und werde danach tun.
Wie antwort ich aber der Stadt, der Bürgerschaft und den Ältesten?'
Ea tat zum Reden den Mund
auf
und sprach zu mir, seinem
Knecht:
'Du Mann, zu ihnen sollst also du reden:
Mir scheint, daß Enlil nichts mehr von mir wissen will
Da darf ich in eurer Stadt nicht mehr wohnen,
Darf auf Enlils Boden meine Füße nimmer setzen.
So will ich steigen hinab zum Apsû.
Dann wohn ich bei meinem Herren Ea.
Auf euch aber läßt er dann Überfluß regnen,
Ertrag der Vögel, auch "Verborgenes" der Fische!
Schenken wird er euch Reichtum und Ernte.
Am Morgen wird er Küchlein,
Am Abend auf euch einen Weizenregen niedergehen lassen! -'
Kaum daß ein Schimmer
des Morgens graute,
Versammelt' zu mir sich
das Land.
Der Zimmermann brachte die
Holzpfosten,
Der Bootsbauer brachte die
Klammern.
... die Männer...
... das Geheimnis.
Das Kind trug herzu das
Erdpech,
der Arme ... brachte den
Bedarf heran.
Am fünften Tage entwarf
ich des Schiffes Außenbau
Ein "Feld" groß war
seine Bodenfläche,
Je zehnmal zwölf Ellen
hoch seine Wände,
Zehnmal zwölf Ellen
ins Geviert der Rand seiner Decke.
Ich entwarf seinen Aufriß
und stellte es dar:
Sechs Böden zog ich
ihm ein,
In sieben Geschosse teilt'
ich es ein.
Seinen Grundriß teilte
ich neunfach ein.'
Wasserpflöcke' schlug
ich ihm ein in der Mitte.
Für Schiffsstangen sorgt'
ich, legte nieder den Bedarf:
Sechs Saren Erdpech goß
für den Ofen ich dar,
Drei Saren Pech tat ich
hinein
Drei Saren Korbträgersleute
waren es, die das Öl trugen:
Außer einem Sar Öl,
das das Backmehl verbrauchte,
Zwei Saren Öl, die
der Schiffer speicherte.
Rinder schlachtete ich für den Proviant,
Schafe tötete ich Tag
für Tag
Most, Feinbier, Öl
und Wein,
Dazu Suppen tranken sie,
als ob's Flußwasser wäre,
Daß sie ein Fest begingen
als wie am Neujahrstag!
Bei Sonnenaufgang legte
ich Hand an, das Letzte zu tun
Das Schiff war fertig am
siebenten Tag bei Sonnenuntergang.
Schwierig waren ...
Immer neue Stützhölzer
brachten sie "oben und unten",
Bis das Schiff zu zwei Dritteln
im Wasser schwamm.
Was immer ich hatte, lud
ich darein:
Was immer ich hatte, lud
ich darein an Silber,
Was immer ich hatte, lud
ich darein an Gold,
Was immer ich hatte, lud
ich darein an allerlei Lebenssamen:
Steigen ließ ich ins
Schiff meine ganze Familie und die Hausgenossen,
Wild des Feldes, Getier
des Feldes,
Alle die Meistersöhne
hab ich hineinsteigen lassen.
Den Zeitpunkt hatte Schamasch mir so angesetzt:
'Am Morgen werde ich Küchlein, am Abend einen Weizenregen niedergehen
lassen.
Dann tritt hinein ins Schiff und verschließ dein Tor!'
Der Zeitpunkt kam herbei:
Am Morgen gingen Küchlein
nieder, am Abend ein Weizenregen.
Des Wetters Aussehn betrachtete
ich -
Das Wetter war fürchterlich
anzusehn.
Ich trat hinein ins Schiff
und verschloß mein Tor.
Dem Schiffer Pusur-Amurri,
dem Verpicher des Schiffes,
Übergab den Palast
ich samt seiner Habe.
Kaum daß ein Schimmer
des Morgens graute,
Stieg schon auf von der
Himmelsgründung schwarzes Gewölk.
In ihm drin donnert Adad,
vor ihm her ziehen Schullat
und Chanisch.
Über Berg und Land
als Herolde ziehen sie.
Eragal reißt den Schiffspfahl
heraus,
Ninurta geht, läßt
das Wasserbecken ausströmen,
Die Anunnaki hoben Fackeln
empor,
Mit ihrem grausen Glanz
das Land zu entflammen.
Die Himmel überfiel
wegen Adad Beklommenheit,
Jegliches Helle in Düster
verwandelnd
Das Land, das weite, zerbrach
wie ein Topf.
Einen Tag lang wehte der
Südsturm...,
Eilte dreinzublasen, die
Berge ins Wasser zu tauchen,
Wie ein Kampf zu überkommen
die Menschen.
Nicht sieht einer den andern,
Nicht erkennbar sind die
Menschen im Regen.
Vor dieser Sintflut erschraken
die Götter,
Sie entwichen hinauf zum
Himmel des Anu -
Die Götter kauern wie
Hunde, sie lagern draußen!
Es schreit Ischtar wie eine
Gebärende,
Es jammert die Herrin der
Götter, die schönstimmige:
'Wäre doch jener Tag zu Lehm geworden,
Da ich in der Schar der Götter Schlimmes geboten!
Wie konnte in der Schar der Götter ich Schlimmes gebieten,
Den Kampf zur Vernichtung meiner Menschen gebieten!
Erst gebäre ich meine lieben Menschen,
Dann erfüllen sie wie Fischbrut das Meer!'
Die Anunnaki-Götter
klagen mit ihr,
Die Götter ... sitzen
da und weinen
Die verdorrten Lippen nehmen
... -Speisen.
Sechs Tage und sieben Nächte
Geht weiter der Wind, die
Sintflut,
Ebnet der Orkan das Land
ein.
Wie nun der siebente Tag
herbeikam,
Schlug plötzlich nieder
der Orkan die Sintflut, den Kampf,
Nachdem wie eine Gebärende
sie um sich geschlagen.
Ruhig und still ward das
Meer, Der böse Sturm war aus und die Sintflut.
Ausschau hielt ich einen
Tag lang, da war Schweigen ringsum,
Und das Menschengeschlecht
war ganz zu Erde geworden!
Gleichmäßig war
wie ein Dach die Aue.
Da tat ich eine Luke auf,
Sonnenglut fiel aufs Antlitz mir
Da kniete ich nieder, am
Boden weinend,
Über mein Antlitz flossen
die Tränen. -
Nach Ufern hielt ich Ausschau
in des Meeres Bereich:
Auf zwölfmal zwölf
Ellen stieg auf eine Insel,
Zum Berg Nißir trieb
heran das Schiff.
Der Berg Nißir erfaßte
das Schiff und ließ es nicht wanken
Einen Tag, einen zweiten
Tag erfaßte der Berg Nißir das Schiff und ließ es nicht
wanken
Einen drittenTag, einen
vierten Tag erfaßte der Berg Nißir das Schiff und ließ
es nicht wanken
Einen fünften und sechsten
erfaßte der Berg Nißir das Schiff und ließ es nicht wanken.
Wie nun der siebente Tag
herbeikam,
Ließ ich eine Taube
hinaus
Die Taube machte sich fort
- und kam wieder:
Kein Ruheplatz fiel ihr
ins Auge, da kehrte sie um. -
Eine Schwalbe ließ
ich hinaus
Die Schwalbe machte sich
fort - und kam wieder:
Kein Ruheplatz fiel ihr
ins Auge, da kehrte sie um. -
Einen Raben ließ ich
hinaus
Auch der Rabe machte sich
fort da er sah, wie das Wasser sich verlief,
Fraß er, scharrte,
hob den Schwanz - und kehrte nicht um.
Da ließ ich hinausgehn
nach den vier Winden, ich brachte ein Opfer dar,
Ein Schüttopf er spendete
ich auf dem Gipfel des Berges:
Sieben und abermals sieben
Räuchergefäße stellte ich hin,
In ihre Schalen schüttete
ich Süßrohr, Zedernholz und Myrte.
Die Götter rochen den
Duft,
Die Götter rochen den
wohlgefälligen Duft,
Die Götter scharten
wie Fliegen sich um den Opferer.
Sobald wie die Mach herzugekommen,
Hob sie die großen
Fliegengeschmeide empor,
Die Anu ihr zum Vergnügen
gemacht:
'Ihr Götter hier, so wahr des Lasuramuletts
An meinem Halse ich nicht vergesse:
Will ich die Tage hier, fürwahr, mir merken,
Daß ewig ihrer ich nicht vergesse!
Die Götter mögen nur kommen zum Schüttopf er!
Doch Enlil soll nicht kommen zum Schüttopfer,
Weil er unüberlegt die Sintflut machte
Und meine Menschen dem Verderben anheimgab!'
Sobald wie Enlil herzugekommen,
Sah das Schiff und ergrimmte
Enlil,
Voller Zorn ward er über
die Igigi-Götter:
»Eine Seele wäre entronnen?
Überleben sollt' niemand das Verderben!«
Ninurta tat zum Reden den
Mund auf
Und sprach zu Enlil, dem
Helden:
»Wer bringt denn etwas hervor außer Ea?
Auch kennt ja Ea jedwede Verrichtung!«
Ea tat zum Reden den Mund
auf
Und sprach zu Enlil, dem
Helden:
»Held, du Klügster unter den Göttern!
Ach, wie machtest unüberlegt du die Sintflut?!
Seine Sünde leg auf
dem Sünder!
Seinen Frevel leg auf dem
Frevler!
Lockere, daß nicht
ganz abgeschnitten werde
Ziehe hin, daß nicht
getötet werde!
Statt daß eine Sintflut
du machst,
Mag ein Löwe aufstehen,
die Menschen zu mindern!
Statt daß eine Sintflut
du machst,
Mag ein Wolf aufstehen,
die Menschen zu mindern!
Statt daß eine Sintflut
du machst,
Mag eine Hungersnot gesandt
werden, das Land zu fällen!
Statt daß eine Sintflut
du machst,
Mag Era aufstehen, die Menschen
zu erwürgen!
Nicht aber enthüllt'
ich der großen Götter Geheimnis!
Den Hochgescheiten ließ
ich schaun einen Traum!
So vernahm er der Götter
Geheimnis
Schaffet nun für ihn
Rat!«
Da hat Enlil das Schiff bestiegen,
Meine Hand gefaßt,
mich einsteigen lassen,
Lassen einsteigen, knien
mein Weib neben mir,
Hat berührt unsere Stirn,
zwischen uns stehend, uns segnend:
»Ein Menschenkind war zuvor
Utnapischtim
Uns Göttern gleiche
fortan Utnapischtim und sein Weib!
Wohnen soll Utnapischtim
fern an der Ströme Mündung!?«
Da nahmen sie mich und ließen
mich fern an der Ströme Mündung wohnen. -
Wer aber wird nun zu dir
die Götter versammeln,
Daß du findest das
Leben, welches du suchst?
Auf, begib des Schlafs dich
sechs Tage und sieben Nächte!
Als er sich nun zu Boden
gesetzt -
Wie ein Nebel haucht der
Schlaf ihn an.
Utnapischtim sprach zu ihr,
zu seiner Gattin:
»Sieh den Mann, der
Leben verlangte!
Wie ein Nebel haucht der
Schlaf ihn an!«
Seine Gattin sprach zu ihm,
zu Utnapischtim:
»Faß ihn an,
daß der Mensch erwache!
Den Weg, den er kam, kehr'
er in Frieden,
Durchs Tor, da er auszog,
kehr' er zur Heimat!«
Utnapischtim sprach zu ihr,
zu seiner Gattin:
»Trügerisch sind
die Menschen, er wird auch dich betrügen!
Auf, back ihm Brote, leg
sie ihm zu Häupten,
Und die Tage, die er schlief,
vermerk an der Wand!«
Sie buk ihm Brote, legte
sie ihm zu Häupten,
Und die Tage, die er schlief,
bezeichnet' sie ihm an der Wand.
Sein Brot ist ganz trocken,
sein erstes,
Das zweite kaum genießbar,
das dritte noch feucht,
Das vierte ward weiß
- sein Röstbrot!
Leicht grau geworden ist
das fünfte, das sechste schon gar gebacken,
Das siebente - gleichzeitig
rührt' er ihn an,
Da erwachte der Mensch.
Gilgamesch sprach zu ihm,
zum fernen Utnapischtim:
»Sowie der Schlaf
auf mich niederquoll,
Hast du alsbald mich angerührt
und mich aufgestört!«
Utmapischtim sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Auf, zähle,
Gilgamesch, zähl deine Brote!
Was auf der Wand eingezeichnet
ist, möge dir kund werden!
Dein Brot ist ganz trocken,
dein erstes,
Das zweite kaum noch genießbar,
das dritte noch feucht,
Das vierte ward weiß
- dein Röstbrot,
Leicht grau geworden ist
das fünfte, das sechste schon gar gebacken,
Das siebente - gleichzeitig
wachtest du auf!«
Gilgamesch sprach zu ihm,
zu Utnapischtim:
»Ach, wie soll ich
handeln, wo soll ich hingehn?
Da der Raffer das Innere
mir schon gepackt hat!
In meinem Schlafgemach sitzt
der Tod,
Selbst wenn ich den Fuß
an einen Ort des Lebens setzen will: auch da ist der Tod!«
Utnapischtim sprach zu ihm,
zum Schiffer Urschanabi:
»Urschanabi, der Landeplatz
mißachte dich,
Die Übergangsstelle
verschmähe dich!
Der du einhergingst an seiner
Küste,
Entbehre nun seiner Küste!
Der Mensch, den du
hergeführt -
Von Schmutz
ist befangen sein Leib,
Die Schönheit
seiner Glieder haben Felle entstellt.
Nimm ihn, Urschanabi,
bring ihn zum Waschort,
Daß er wasche
mit Wasser seinen Schmutz - wie Schnee!
Seine Felle werf'
er ab, daß das Meer sie entführe!
Sein schöner
Leib werde überspült!
Seines Hauptes Binde
werde erneuert!
Ein Gewand zieh'
er an, das seiner Würde gemäß ist!
Bis daß
er kommt zu seiner Stadt,
Bis er gelangt
auf seinen Weg,
Werde nicht grau
sein Gewand, neu bleib' es, neu!«
Es nahm ihn Urschanabi,
bracht' ihn zum Waschort,
Er wusch mit Wasser
seinen Schmutz - wie Schnee!
Seine Felle warf
er ab, daß das Meer sie entführte,
Sein schöner
Leib wurde überspült.
Seines Hauptes Binde
wurde erneuert,
Ein Gewand zog er
an, das seiner Würde gemäß war.
Bis daß er
komme zu seiner Stadt,
Bis daß er
gelange auf seinen Weg,
Sollt' es nicht
grau werden, neu sollt' es bleiben, neu!
Gilgamesch und Urschanabi
stiegen ins Schiff,
Das Schiff setzten sie ein,
und sie fuhren dahin.
Seine Gattin sprach zu ihm,
zum fernen Utnapischtim:
»Gilgamesch kam, hat
sich abgemüht, abgeschleppt -
Was solltest du ihm geben,
daß er kehrt in die Heimat?«
Er aber, Gilgamesch, hob
die Schiffsstange,
Brachte das Schiff ans Ufer
heran.
Utnapischtim sprach zu ihm,
zu Gilgamesch:
»Du, Gilgamesch, kamst,
hast dich abgemüht, abgeschleppt-
Was soll ich dir geben,
daß du kehrst in die Heimat?
Ein Verborgenes, Gilgamesch,
will ich dir enthüllen,
Und ein Unbekanntes will
ich dir sagen:
Es ist ein Gewächs,
dem Stechdorn ähnlich,
Wie die Rose sticht dich
sein Dorn in die Hand.
Wenn dies Gewächs deine
Hände erlangen,
Findest du das Leben!«
Kaum hatte Gilgamesch dieses
gehört, grub er einen Schacht.
Da band er schwere Steine
an die Füße,
Und als zum Apsû sie
ihn niederzogen,
Da nahm er's Gewächs,
ob's auch stach in die Hand,
Schnitt ab von den Füßen
die schweren Steine,
Daß ihn die Flut ans
Ufer warf.
Gilgamesch sprach zu ihm,
zum Schiffer Urschanabi:
»Urschanabi, dies
Gewächs ist das Gewächs gegen die Unruhe,
Durch welches der Mensch
sein Leben erlangt!
Ich will's bringen nach
Uruk-Gart, es dort zu essen geben und dadurch das Gewächs erproben!
Sein Name ist 'Jung wird
der Mensch als Greis'
Ich will davon essen, daß
mir wiederkehre die Jugend.« -
Nach zwanzig Doppelstunden
nahmen sie einen Imbiß ein,
Nach dreißig Doppelstunden
schickten sie sich zur Abendrast.
Da Gilgamesch einen Brunnen
sah, dessen Wasser kalt war,
Stieg er hinunter, sich
mit dem Wasser zu waschen.
Eine Schlange roch den Duft
des Gewächses.
Verstohlen kam sie herauf
und nahm das Gewächs
Bei ihrer Rückkehr
warf sie die Haut ab!
Zu der Frist setzte Gilgamesch
weinend sich nieder,
Über sein Antlitz flossen
die Tränen:
»Ach, rate mir doch,
Schiffer Urschanabi!
Für wen, Urschanabi,
mühten sich meine Arme?
Für wen verströmt
mein Herzblut?
Nicht schafft' ich Gutes
mir selbst -
Für den Erdlöwen
wirkte ich Gutes!
Jetzt steigt zwanzig Doppelstunden
weit die Flut,
Und ich ließ, als
den Schacht ich grub, das Werkzeug fallen!
Welches könnte ich
finden, das an meine Seite ich legte?
Wäre ich doch zurückgewichen
und hätte das Schiff am Ufer gelassen!«
Nach zwanzig Doppelstunden
nahmen sie einen Imbiß ein,
Nach dreißig Doppelstunden
schickten sie sich zur Abendrast.
Als sie hinein nach Uruk-Gart
kamen,
Sprach Gilgamesch zu ihm,
zum Schiffer Urschanabi:
»Steig einmal, Urschanabi,
auf die Mauer von Uruk, geh fürbaß,
Prüfe die Gründung,
besieh das Ziegelwerk,
Ob ihr Ziegelwerk nicht
aus Backsteinen ist,
Ihren Grund nicht legten
die sieben Weisen!
Ein Sar die Stadt, ein Sar
die Palmgärten,
Ein Sar die Flußniederung,
dazu der (heilige) Bereich des Ischtartempels:
Drei Sar und den (heiligen)
Bereich von Uruk umschließt sie!«
Zwölfte Tafel
"Hätte
ich doch heute die Trommel im Hause des Zimmermanns gelassen!
Die
Gattin des Zimmermanns hätte meiner leiblichen Mutter gleich. . .
,
Die
Tochter des Zimmermanns hätte wie meine jüngere Schwester.
Heute
ist die Trommel mir in die Erde gefallen.
Die
Trommelstöcke sind mir in die Erde gefallen."
Enkidu
antwortete dem Gilgamesch:
»Mein
Herr, warum weinst du, warum ist dein Herz so traurig?
Die
Trommel aus der Erde werde ich holen,
Die
Trommelstocke aus der Unterwelt werde ich holen!«
Gilgamesch
antwortet dem Enkidu:
»Wenn
du in die Unterwelt hinabsteigen willst,
Dann
mußt du meinen Rat dir gut zu Herzen nehmen:
Ein
reines Gewand darfst du nicht anziehen
Sonst
erkennen sie, daß du (dort) ein Fremder bist!
Darfst
dich mit gutem Öl aus der Büchse nicht salben -
Sonst
scharen sie sich zu dir, sobald sie es riechen!
Du
darfst das Wurfholz nicht auf die Erde werfen,
Sonst
umringen sie dich, die vom Wurfholz erschlagen
Darfst
in die Hand einen Stock nicht nehmen,
Sonst
erzittern vor dir die Geister.
Schuhe
darfst du nicht tun an die Füße,
Lärm
in der Unterwelt darfst du nicht machen
Dein
Weib, das du liebtest, darfst du nicht küssen,
Dein
Weib, dem du gram warst, darfst du nicht schlagen,
Dein
Kind, das du liebtest, darfst du nicht küssen
Dein
Kind, dem du gram warst, darfst du nicht schlagen:
Sonst
wird dich der Aufschrei der Erde packen!
Ihr,
die da ruht, die da ruht, der Mutter des Nin-Asu, die da ruht,
Ihre
reinen Schultern sind mit keinem Kleid bedeckt,
Ihre
Brust ist wie eine Schale angetan, entblößt!«
Den
Rat seines Herrn nahm sich Enkidu nicht zu Herzen.
Er
zog sich ein reines Gewand an -
Daß
er dort ein Fremder war, stellten sie fest.
Mit
gutem Öl aus der Büchse salbte er sich -
Sie
scharten sich zu ihm, sobald sie es rochen!
Das
Wurfholz warf er auf die Erde -
Da
umringten sie ihn, die vom Wurfholz erschlagen!
Er
nahm einen Stock in seine Hand -
Da
erzitterten die Geister vor ihm!
Schuhe
tat er an seine Füße,
Lärm
in der Unterwelt machte er
Sein
Weib, das er liebte, küßte er,
Sein
Weib, dem er gram war, schlug er
Sein
Kind, das er liebte, küßte er,
Sein
Kind, dem er gram war, schlug er!
Da
packte ihn der Aufschrei der Erde:
»Sie,
die da ruht, die da ruht, die Mutter des Nin-Asu, die da ruht,
Ihr
bedeckt die reinen Schultern kein Kleid,
Ihre
Brust ist wie eine Schale unbekleidet.
Damals
kehrte Enkidu aus der Erde nicht nach oben zurück.
Nicht
packte ihn Namtar, nicht packt' ihn Aßakku - ihn packte die Erde!
Nicht
packte ihn Nergals unerbittlicher Lauerer - ihn packte die Erde!
Nicht
fiel er auf der Walstatt der Männer - ihn packte die Erde!«
Damals
ging von dannen Rimat-Ninßuns Sohn und weinte über seinen Knecht
Enkidu.
Zu
Ekur, Enlils Tempel, ging er alleine hin:
»Vater
Enlil, heute ist mir die Trommel in die Erde gefallen,
Mein
Trommelstock ist mir in die Erde gefallen!
Enkidu,
der sie mir heraufzuholen hinabfuhr, ihn packte die Erde!
Nicht
packte ihn Namtar, nicht packt' ihn Aßakku - ihn packte die Erde!
Nicht
packte ihn Nergals unerbittlicher Lauerer - ihn packte die Erde!
Nicht
fiel er auf der Walstatt der Männer - ihn packte die Erde!«
Vater
Enlil erwiderte ihm kein Wort.
Zu
Sins Tempel ging er alleine hin:
»Vater
Sin, heute ist mir die Trommel in die Erde gefallen,
Mein
Trommelstock ist mir in die Erde gefallen!
Enkidu,
der sie mir heraufzuholen hinabfuhr, ihn packte die Erde!
Nicht
packte ihn Namtar, nicht packt' ihn Aßakku - ihn packte die Erde!
Nicht
packte ihn Nergals unerbittlicher Lauerer - ihn packte die Erde!
Nicht
fiel er auf der Walstatt der Männer - ihn packte die Erde!«
Vater
Sin erwiderte ihm kein Wort.
Zum
Tempel Eas ging er alleine hin:
»Vater
Ea, heute ist mir die Trommel in die Erde gefallen,
Mein
Trommelstock ist mir in die Erde gefallen!
Enkidu,
der sie mir heraufzuholen hinabführ, ihn packte die Erde!
Nicht
packte ihn Namtar, nicht packt' ihn Aßakku - ihn packte die Erde!
Nicht
packte ihn Nergals unerbittlicher Lauerer - ihn packte die Erde!
Nicht
fiel er auf der Walstatt der Männer - ihn packte die Erde!«
Kaum
daß Vater Ea dieses vernommen,
Da
sprach er zu Nergal, dem mannhaften Helden:
»Nergal,
mannhafter Held, hör mich an:
Möchtest
du doch ein Loch der Erde auftun,
Damit
Enkidus Totengeist der Erde entfahren kann,
Daß
er künde seinem Bruder die Ordnung der Erde!«
Nergal,
der mannhafte Held, gehorchte
Und
hatte kaum ein Loch der Erde aufgetan,
Als
Enkidus Totengeist schon wie ein Wind aus der Erde entfuhr!
Da
umarmten sie einander, setzten sich zusammen.
Zu
ratschlagen hatten sie, quälten sich dabei:
»Sage
mir, mein Freund, sage mir, mein Freund,
Sage
mir die Ordnung der Erde, die du schautest!«
»Ich
sag sie dir nicht, mein Freund, ich sag sie dir nicht!
Sag
ich dir die Ordnung der Erde, die ich schaute -
Du
müßtest dich setzen und weinen!« -
»So
will ich mich setzen und weinen!« -
»Freund,
meinen
Leib, den du frohen Herzens berührtest,
Frißt
Ungeziefer, wie ein altes Gewand!
Mein
Leib, den du frohen Herzens berührtest,
Ist
wie eine Erdspalte voll von Erdstaub.«
Da
sprach Gilgamesch »wehe«, kauernd im Staube,
Da
sprach Gilgamesch zu Enkidu, kauernd im Staube:
»Den,
der einen Sohn zeugte, sahst du ihn?« -
»Ja,
ich sah: In meiner Wand ist ein Nagel, darob weint er bitterlich.«
»Den,
der zwei Söhne zeugte, sahst du ihn?« -
»Ja,
ich sah: Auf zwei Ziegeln sitzt er und ißt das Brot.«
»Den,
der drei Söhne zeugte, sahst du ihn?«
»Ja,
ich sah: Aus einem Schlauch . .. trinkt er das Wasser.«
»Den,
der vier Söhne zeugte, sahst du ihn?« -
»Ja,
ich sah: Gleich einem, der vier Esel anspannen kann, ist sein Herz freudig.«
»Den,
der fünf Söhne zeugte, sahst du ihn?« -
»Ja,
ich sah: Gleich einem guten Schreiber ist er arbeitsbereit, Wie
es recht ist, tritt er in den Palast ein.«
»Den,
der sechs Söhne zeugte, sahst du ihn?« -
»Ja,
ich sah: Einem Landmann gleich ist sein Herz freudig.«
»Den,
der sieben Söhne zeugte, sahst du ihn?« -
»Ja,
ich sah: Als ein jüngerer Bruder der Götter sitzt er auf dem
Stuhl und lauscht den Glückwünschen.«
»Den,
der keinen Erben hatte, sahst du ihn?« -
»Ja,
ich sah: Gleich einem ... ißt er das Brot.
Wie ein schönes Gottesemblem
einem unerfahrenen Arbeitsaufseher gleich verkriecht er sich in den Winkel!«
»Die
Frau, die nie gebar, sahst du sie?« -
»Ja,
ich sah: Einem . . . -Gefäß gleich ist sie gewaltsam zu Boden
geworfen, kann keinen Mann erfreuen.«
»Den
jungen Mann, der noch keiner Frau Blöße aufdeckte, sahst du
ihn?« -
»Ja,
ich sah: Ein Türriegel-Zugseil reichst du ihm, er aber weint sehr
über dieses Seil!«
»Die
junge Frau, die noch keinem Mann die Blöße aufdeckte, sahst
du sie?« -
»Ja,
ich sah: Eine Matte reichst du ihr, aber sie weint sehr über die Matte!«
[16-20
Verse fehlen]
»Der
durch einen Schiffspfahl erschlagen wurde, sahst du ihn?« -
»Ja,
ich sah: Kaum, daß er nach seiner Mutter rief, durch Herausziehen
des Pflocks ... «
»Der
einen sehr frühen Tod starb, sahst du ihn?« -
»Ja,
ich sah: An nächtlicher Schlafstatt ruht er, reines Wasser trinkend.«
-
»Der
getötet ist in der Schlacht, sahst du den?« -
»Ja,
ich sah: Sein Vater und seine Mutter halten sein Haupt, Sein Weib weint
über ihn. « -
»Dessen
Leichnam man in die Steppe warf, sahst du den?« -
»Ja,
ich sah: Sein Geist ist ruhelos auf der Erde. « -
»Dessen
Geist keinen Pfleger hat, sahst du den?«-
»Ja,
ich sah: Ausgewischtes aus dem Topf, auf die Straße geworfene Bissen
muß er essen.«